Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

150 Der Feldzug im Osten vom 21.Febr. bis 25. April 1915 
ungarischen Armeen von Przemysl abgerückt. Die Festung lag voll Kranker 
und Verwundeter und war von Schanzarbeitern und Troßknechten über¬ 
flutet worden, die in ihren Mauern untergekommen waren, als die Armeen 
sich die Leerstraßen für den Rückzug freigemacht hatten. Mit halbgeleerten 
Arsenalen und Vorratshäusern erwartete Kusmanek den Feind. Doch der 
scheute die Feste, vor der er im Oktober Tausende begraben hatte, und 
verzichtete diesmal darauf, sie in gewaltsamem Angriff zu nehmen. 
Iwanow befahl, Przemysl einzuschließen und ihrer Bewegungs¬ 
freiheit zu berauben, und rückte an ihr vorbei gen Westen. Dimitrieff mar¬ 
schierte auf Tarnow und Bochnia und ließ nur zwei Divisionen am San 
stehen, die ihm Flanken und Rücken deckten, bis die 11. Armee als Leeres¬ 
reserve zur Stelle war und die Belagerung übernahm. Am 7. November 
zeichneten sich die ersten Belagerungslinien bei Medyka ab, vier Tage später 
war die Festung von allen Seiten umschlossen. Der Russe umgab Przemysl 
in einer Entfernung von 15 Kilometern mit einem Belagerungsring und 
pflanzte ringsum schweres Geschütz auf. Die russischen Linien zogen sich von 
Osten nach Süden im Kreis um Medyka über Lussakow zum Wiarbrückenkopf 
Nicankowice, liefen von dort nach Olszany und Kczysocza im Westen, bogen 
bei Rokitnica nach Norden um und führten über Sosnica im Norden und 
Pozdziacz wieder nach Osten auf Medyka zurück. General v. Schuwalow, 
der die Leitung der Belagerung übernommen hatte, unterwarf die Außen¬ 
festen einer regelmäßigen Beschießung, verzichtete aber beinahe ganz auf 
das Vortreiben von Gräben und Minen und die Wegnahme vorgeschobener 
Stützpunkte. Die Russen hatten Zeit, und der Lunger war am Werke. 
Die Festung bediente sich ihrer ferntragenden Geschütze, um den Feind 
zu schädigen und zu schrecken, und wartete auf Entsatz. Zwischen dem russischen 
Belagerungsring, dem feuerspeienden Kreis der Außenfesten und dem Festungs¬ 
kern dehnte sich das Ödland zerstörter Felder, niedergebrannter Dorfstätten, 
abgeholzter Lügel und überfrorener Sümpfe. Bald pochte der Mangel an 
Przemyfls Tore. Kusmanek sah sich schon zu Beginn der Belagerung ge- 
zwungen, die Lebensmittel knapp einzuteilen und die Kräfte seiner Kämpfer 
zu schonen. Er besaß in der 13. Lonveddivision und der 85. Landwehrbrigade 
eine tüchtige Ausfallstruppe, konnte aber die Werke nur schwach bemannen 
und vertraute mehr auf den Schrecken, der von der unbezwungenen Feste 
ausging, als auf ihre artilleristische Kraft, die durch die Abgabe von Munition 
und Geschützen an die Feldschlachten der Armee sehr geschwächt worden war. 
Als Dimitrieff in der Schlacht bei Limanowa—Lapanow in Bedrängnis 
geriet und Iwanow Schuwalow aufforderte, Truppen nach Gorlice abzu¬ 
geben, unternahm Kusmanek, durch drahtlose Botschaften vom Stand der 
Dinge unterrichtet, seinen ersten großen Ausfall. Er schleuderte Tamaffys 
Lonveds gegen den Belagerungsring und rüttelte so heftig daran, daß 
Schuwalow gezwungen wurde, alle Kräfte vor Przemysl stehen zu lassen.
	        
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