Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

Die Kämpfe in den Karpathen 
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waltmarsch an den Feind geführt. Auf den Südweststurm, der den Schnee zu 
Schwaden peitschte, ist Tauwetter gefolgt. Flüsse und Rinnsale treten über, 
die Wege liegen überflutet, die Äcker sind grundlos geworden. In den Gräben 
des Landsturms steht das Wasser eine Elle hoch. Der Russe leidet noch 
mehr, denn seine Angriffe bleiben stecken und seine Kanonen sind im Schlamm 
versunken. Am Abend greift der deutsche Entsatz in das Gefecht ein und 
packt Apuchtin in der Flanke. Ablenken wird zurückerobert. Am 24. März 
geben die Russen den Kampf auf und gehen auf Tauroggen zurück. Auch 
hier drängen die Deutschen nach. Mühsam wälzt sich das Gefecht nach 
Osten. Die Geschütze versinken bis an die Rabe und die Infanterie watet 
bis zu den Knien im nässenden Schnee. Trotzdem greift Pappritz unausgesetzt 
an und wirft die Russen in drei Tagen nach Tauroggen hinein. Als von 
dem befreiten Memel weitere Verstärkungen angelangt sind, gehen die 
Deutschen am 29. März zum Sturm auf das befestigte Tauroggen vor. Das 
Wetter ist abermals umgeschlagen, und die aufgebrochene Jura aufs neue 
zugefroren. Das gestattete den Deutschen, die Tauroggen über das Eis hin¬ 
weg anzugreifen. Von drei Seiten dringen Landwehr und Landsturm in die 
hochgebaute Stadt, erobern sie im Straßenkanlpf und schlagen den Feind in 
die Flucht. General Apuchtin befahl den Rückzug auf Kelmi, verlor aber 
unterwegs viele Leute, die sich in den Wäldern zerstreuten. Der Versuch, 
Memel und Tilsit zu nehmen und Insterburg im Rücken Eichhorns zu be¬ 
drohen, war kläglich gescheitert. 
Im russischen Hauptquartier zu Vrest-Litowst maß man dem Unter¬ 
nehmen Apuchtins kein Gewicht mehr bei und tröstete sich mit dem flüchtigen 
Erfolg, der Memel zwei Tage in russische Land geliefert hatte. Lätte der 
Großfürst statt eines Streifkorps eine Armee aus der Linie Libau—Schauten— 
Rossieny in Bewegung setzen können, so wäre das Schwergewicht der Opera¬ 
tionen im März 1915 nach Norden verschoben worden; da dazu die Mittet 
fehlten, begnügte sich Nikolai Nikolajewitsch mit der Sicherung der Njemen- 
und Narewlinie und wandte seine Aufmerksamkeit vom nördüchen Kriegs¬ 
schauplatz ab, um die große Entscheidung in den Karpathen zu suchen und 
auszukämpfen. 
Die Kämpfe in den Karpathen 
Die Armeen Lindenburgs waren nach der Ansicht des russischen General- 
stabes im März auf der ganzen Linie von der unteren Weichsel bis zur 
Ostsee so sehr in Anspruch genommen, daß Lindenburg trotz der Ver¬ 
nichtungsschlacht in Masuren nicht in der Lage schien, sich aus den Banden 
des Stellungskrieges zu befreien. Auch im Weichselbogen standen Deutsche 
und Österreicher gefesselt. Die Russen waren um diese Zeit auch hier zu An-
	        
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