Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

Die Winterschlachl in der Champagne 
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bedrängt wurden, die in den Schlachten von Lodz und Limanowa die Fähig¬ 
keit eingebüßt hatten, ihren Angriffsfeldzug mit einheitlich bewegten Kräften 
fortzuführen, desto unfreier wurden Ioffre und French in ihren Entschlüssen. 
Ermattungsstrategie ließ sich folgerichtig nur treiben, wenn der rings um¬ 
faßte Gegner nicht stark genug war, in Beherrschung der inneren Linien 
dort zum Angriff überzugehen, wo er auf verminderte Widerstandsfähig¬ 
keit treffen, den Ring sprengen und die Entscheidung auf einem abge¬ 
grenzten Kriegstheater erringen konnte. 
Solange die Mittelmächte imstande waren, hierzu Kräfte zu ballen, 
waren die Feldherren der Entente nicht in der Lage, sich auf eine weit¬ 
gespannte Einkreisung des Gegners zu beschränken und den Zweifrontenkrieg 
in Gestalt einer Belagerung Mitteleuropas zum Austrag zu bringen, sofern 
die umklammerten Mächte nicht vor der Zeit am Äunger und am Mangel 
von Rohstoffen zugrunde gingen. Die Entente hatte sich zwar auf die Er¬ 
mattungsstrategie besonnen und pries Absperrung und Abnützung als das 
geeignetste Mittel, die Mittelmächte kampfunfähig zu machen, sah sich aber 
gleichwohl genötigt, diese laut verkündeten Grundsätze immer wieder zu 
verleugnen, ihre Armeen im Osten und Westen zum Angriff zu führen, 
um sich gegenseitig auszuhelfen und die Entscheidung in Vernichtungs¬ 
schlachten zu erzwingen, die von ihren Feldherren in krampfhaften, zer- 
sieischenden Wehen aus dem Schoße des Stellungskrieges entbunden 
werden mußten. 
Die Winterschlacht in der Champagne war die erste Schlachthandlung, 
die diesem strategischen Zwiespalt als Durchbruchsschlacht entsprang, nach¬ 
dem Äindenburg in Masuren die letzte siegreiche Amfaffungsschlacht am 
Rande des Stellungskrieges geschlagen hatte. Örtliche Kämpfe, gewalt¬ 
same Vorstöße und unfruchtbare Durchbruchsschlachten kennzeichneten fortan 
die Verhältnisse im Westen und blieben trotz wachsenden Amfangs, ge¬ 
steigerter Heftigkeit, technischer Ausgestaltung und übermenschlicher Auf¬ 
opferung im Angeistigen gebunden, bis Deutschland im Bunde mit 
Osterreich-Angarn der Feinde im Osten Herr geworden war, Serbien und 
Rumänien geschlagen, Italien in die Verteidigung gedrängt hatte und 
im Februar des Jahres 1918 den Krieg auf den alten Schlachtfeldern 
des Westens aus der Erstarrung erlöste, um mit letzter heldischer Kraft 
die Entscheidung in der Wiederaufnahme des Angriffsfeldzuges zu suchen, 
auf die Gefahr, der Aberanstrengung und der Äbermacht zu erliegen.
	        
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