Volltext: Alpenkrieg

Am die Berglehne herum, dann tut sich das Hochtal auf. 
Das Hochtal, durch das in Feindesland hinüber die alte Römer— 
straße zieht. Seit undenklichen Zeiten ward sie von den Menschen 
begangen und befahren. Nun deckt Schnee sie und der ausge— 
fahrene Streifen geht nur bis in die Stellungen gleich da vorne. 
Hier aber zeichnen sich feine, schwarze Geäder vom weißschim— 
mernden Schnee ab: Vielreihige Drahtzäune, schon im Frieden 
vorbereitet, umschließen Stützpunkte. Wir werden sie nicht brauchen. 
Wir bleiben ganz vorne ... 
And wie zum Greifen nahe stehen hier die mächtigen Berg— 
kegel, auf denen die Grenze verläuft. Freund und Feind sind 
oben und das Infanteriegewehr trägt aus der nächstgelegenen 
Linie bis hieher. 
In strahlender, sonnenumfangener Schönheit schimmern Berge 
und Kämme weiß von gleißendem Schnee. Und ist doch soviel 
rotes Menschenblut da oben geflossen. Viele Nächte sind hier 
durchtobt von Angriffen und Gegenangriffen, von überfallsartig 
geschleuderten schweren Minen, von haßerfüllt geworfenen Hand— 
granaten. 
Unten an der Straße ragen schwarzgebrannte Mauern und 
rußige Kamine aus dem Schnee gegen den sonnigen, zartblauen 
Himmel. Der Welsche hat das einst im Frieden vielbesuchte ein— 
stöckige Touristenn Wirtshaus und den weitläufigen Nebenbau zu 
Ruinen geschossen. Schier ununterbrochen ist seit uralten Römer— 
zeiten der starke Verkehrsstrom aus Welschland her in die Alpen⸗ 
länder eingedrungen. Unternehmungslustigen Händlern des Alter⸗ 
tums und des Mittelalters sind jene habgierigen Nachkommen ge— 
folgt, die aus dem Erlöse unserer herrlichen Waldbestände ihre 
anersättlichen Geldkatzen füllten. Es muß und wird nach diesem 
Kriege anders werden. IJ 
Eine Riegelmauer aus wuchtigen Steinblöcken sperrt die 
Straße. Vorne mehrere tiefe Hindernisreihen. Rechts und links 
Stellungen. Wie ein nach oben offener Stollen aus Stein, Schnee 
und Stacheldraht ist hier das ungangbare Straßenstück. Ein Feld— 
wachhüttlein steht draußen. Gleich davor das österreichische Zoll— 
haus, versunken in Winterschlaf und bis jetzt noch unversehrt. 
Und ein paar hundert Schritte weiter — schon auf italienischem 
Boden — das Haus der welschen Zöllner. Dann zeigen sich 
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