Volltext: Alpenkrieg

Schüssen schreit er hinüber: „Ich pfeif' drauf, hab' eh mei 
Frau dal!“ 8 
Am nächsten Tage deckt dichter, feuchter Nebel alles. Er 
frißt die Schneemassen, daß die Stellungen vielfach zusammen— 
rumpeln und die Posten sich immer wieder aufs neue hinter 
Schanzkörben und Schutzschilden einrichten müssen. Hindernisse, 
nach jedem Schneefall im Winter ausgelegt, kommen nun mit 
ihrem vielfältigen Gewirr von Stacheldrähten zum Vorschein. 
Da gibt es harte Arbeit, zu richten und zu regeln, zu schanzen 
und zu schaffen, damit die Unterstände bei heiterem Wetter mög— 
lichst uneingesehen und wenigstens gegen Infanteriegeschosse 
sicher sind. J 
Lautlos arbeiten die Leute außerhalb der Gräben an den 
Hindernissen. Und sieh! Dreißig bis fünfzig Schritte entfernt, am 
feindlichen Drahtverhau — durch den Nebel schwach erkennbar — 
ebenfalls ein paar schemenhafte Gestalten. Sie sehen auch uns, 
schießen nicht und verlangen, daß auch wir nicht schießen. Ein 
alter Korporal, der lange in Triest gearbeitet hatte, ruft ihnen 
auf Italienisch zu, sie sollten lieber ganz herüberkommen, bei uns 
hätten sie es gut. Sie zögern ... Unsere Leute sind sprungbereit. 
Die Welschen zaudern noch. Wahrscheinlich fühlen die Untertanen 
des Verräterstaates nach dem alten italienischen Sprichwort: 
„Fidarsi è bene, non fidarsi è meglio“... Sie machen einige 
zage Schritte zu uns her, daß man sie bereits ziemlich deutlich 
sieht. Ein kräftiger Wink des die Arbeiten leitenden Feldwebels 
— grad so, wie man etwa einem widerborstigen Dackel winkt — 
und zwei welsche Infanteristen springen, rutschen in unseren tiefen 
Schnee⸗ Schützengraben herein: ein paar junger, sehniger Kerle, 
die Köpfe helmbewehrt. Sie grinsen übers ganze Gesicht, als sie 
keine Menschenfresser antreffen. Als ob er Reklame für die ge— 
samte österreichischungarische Armee machen wollte, so breitet sich 
vor die beiden Äberläufer ein Zugsführer hin, der im bürgerlichen 
Berufe — Bierbrauer ist. Wie die zwei seine von den drei 
Kriegsjahren verschonte Wohlgenährtheit und seinen stattlichen 
Bierbauch erblicken, sind sie augenscheinlich hochentzückt: „Bene. 
Austria, benel!“ 
Die beiden werden sofort zum Bataillonskommando gebracht. 
Sie plappern unterwegs und wundern sich, daß bei uns so viele 
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