Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Zweiter Band. (2, 1917)

338 Der Feldzug im Osten vom 6. Nov. bis 17. Dez. 1914 
Donnerkeil Mackensen, um ihn der in Polen geballten Armeemaffe Nikolais 
in die Flanke zu schleudern. Zehn Tage daraus war der Vormarsch Nikolais 
gelähmt und sechs Wochen später der russische Angriffsfeldzug auf der ganzen 
Linie gescheitert. 
Betrachtungen zum Feldzug in Polen und Galizien 
Wohl hatte der Großfürst ihn mit überlegenen Kräften, mit vollem 
Nachdruck und großer Entschlußfähigkeit eingeleitet, aber die russische 
Leeresleitung war nicht im Besitz der vollen Handlungsfreiheit gewesen, 
als sie ihre Massen in Bewegung gebracht und über das polnische Glacis 
vorgeführt hatte, das von ihr im Eröffnungsfeldzug mit Bedacht gemieden 
worden war. Ihre Offensive entbehrte daher von vornherein der strategischen 
Überlegenheit. Sie gehorchte unwissentlich dem Gesetz, das der ausweichende 
Gegner ihr ins Ohr raunte, als er das russische Leer hinter sich Herzog und 
es durch die angerichtete Zerstörung zugleich in seiner Bewegungsfähigkeit 
lähmte. Darum ist der Feldzug Lindenburgs in Polen, der vom 25. Sep¬ 
tember bis zum 17. Dezember alle Reibungen überwand und in einem vom 
Wettergott und vom Feind mit Verwüstung geschlagenen Lande einen Er¬ 
folg davontrug, der, an den Verhältnissen gemessen, der höchst erreichbare 
war, ein organisches Gebilde, das von der monumentalen Größe des Entwurfs 
und der Ausführung zeugt. Er wird trotz der ihm anhaftenden einzelnen 
Mißerfolge als Beispiel der Massenstrategie im Bewegungskriege voraus¬ 
sichtlich unerreicht bleiben. 
Als die Schlacht von Alm geschlagen war, hat der französische Troupier 
nach dem Zeugnis des Mathieu Dumas*) über Napoleon folgendermaßen 
geurteilt: „I>e petit caporal a trouvé une nouvelle manière de faire la 
guerre, il se sert de nos jambes, plus que de nos baïonnettes.“ Auch 
Lindenburg hat den Feind mit den Beinen seiner Grenadiere geschlagen, 
und in keinem Feldzug war dies bis anhin deutlicher hervorgetreten als 
in dem von Warschau, Wloclawek und Lodz. Ermöglicht wurden diese 
Leeresbewegungen erst durch die geniale Ausnützung des Eisenbahnnetzes, 
die alle Entfernungen und das gefürchtete friderizianische „Unterwegs" über¬ 
wand und auf der inneren Operationslinie überraschend zur Geltung gelangte. 
Die russische Leeresleitung hatte nichts von dem gewaltigen Aufmarsch 
gemerkt, der sich hinter der Dunajec- und der Wartafront vollzog und die 
Truppen Boehm-Ermollis von Stary-Sambor nach Südpolen und die des 
Generals v. Mackensen von Kreuzburg nach Thorn versetzte. Der Auf¬ 
marsch, der Lindenburg am 25. September von Suwalki nach Czenstochau 
*) Mathieu Dumas, précis des événements militaires ou essais historiques sur 
les campagnes de 1799 à 1814.
	        
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