Volltext: Antwerpen 1914 [3] (Band 3/1925)

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Antwerpen 1914. 
englischer Seite war man sich zwar klar, daß nun der Zeitpunkt 
wieder gekommen war, an den Schutz der Häfen und an eine 
Unterstützung der Belgier zu denken. Es waren aber auch jetzt 
nennenswerte Kräfte noch nicht verfügbar. England schlug zu- 
nächst eine Flottendemonstration vor. Ioffre ging auf 
die Vorschläge der Engländer erst ein, als er erkannte, daß die 
deutsche Front nicht nur unerschütterlich war, sondern die Deut- 
schen seine Vorstöße mit Gegenangriffen beantworteten und selber 
zu Umfassungsversuchen schritten. Bei gleichzeitigem Erstarren 
der Aisne-Front begann damit der „Wettlauf zum Meere". Mit 
jeder weiteren Annäherung der Flügel an das Meer wuchsen aber 
Englands Sorgen. Ihnen entsprangen Vorschläge mannigfacher 
Art, die jedoch erst Ende des Monats greifbare Ergebnisse zeitigen 
sollten. 
Die Ausführung des Befehls zur Wegnahme Antwerpens 
begegnete zunächst fast unüberwindlich erscheinenden Schwierig- 
keiten. Gerade in diesen Tagen wurde wiederum der letzte Mann 
an der Front gebraucht. Der einschneidende Befehl zum Abmarsch 
des IX. Referve-Korps zeigte das ja zur Genüge. Wohl war 
Maubeuge gefallen (7. 9.), Belagerungsformationen (Artillerie 
und Pioniere) waren also frei; aber ein Angriff auf Antwerpen 
erforderte zahlreiche Divisionen. Was bedeuteten gegen eine solche 
Festung, die in ihren Mauern eine ganze Feldarmee barg, deren 
offene Verbindungen über das Meer kaum ernsthaft zu stören 
waren, die täglich neuen Kraftzuwachs an Menschen und Material 
aller Art erhalten konnte und die Operationsfreiheit nach allen 
Seiten hatte, — was bedeuteten einer solchen Festung gegenüber 
drei Divisionen, die günstigstenfalls durch einige Landwehr- und 
Landsturmformationen verstärkt werden konnten? Allein die 
Aufgabe, die rückwärtigen Verbindungen, die fo wichtigen durch 
Belgien führenden Bahnen zu schützen, war, wie die schweren 
Kämpfe gelegentlich der Ausfälle gezeigt hatten, nur mühsam zu 
lösen gewesen. Nun sollten gar diese Truppen das Bollwerk 
selbst mit stürmender Hand bezwingen! — 
Trotzdem ging man beim Stabe des Generals v. B e s el e r zu- 
versichtlich an die Arbeit. Die Vorbereitungen für die Belagerung
	        
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