Volltext: Antwerpen 1914 [3] (Band 3/1925)

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Antwerpen 1914. 
Bis zum 7. Oktober früh hielt der Feind die Scheide mit 
äußerster Zähigkeit und machte dadurch jeden Einblick in feine 
Bewegungen unmöglich. Nur eine Fliegerwaffe hätte hier helfen 
können, wie sie sich im Verlauf des Krieges ausbildete. Er- 
kundungen, die weit ausholend, über Gent hinaus angefetzt 
wurden, stießen auf einen dichten Schleier der feindlichen Ka- 
vallerie, den die schwachen deutschen Kräfte nicht zerreißen konnten. 
Der Verlauf des Kampfes um die Forts der äußeren Linie und 
um die Erzwingung des Netheüberganges, dessen ungewöhnliche 
Zähigkeit wir verfolgt haben, gestattete natürlich nicht, vorzeitig 
von dort Kräfte irgendwelcher Art zur Unterstützung des linken 
Flügels fortzunehmen. 
Nicht klarer wurde für uns das Bild nach dem Scheldeüber- 
gang bei Schoonaerde am 7. Oktober. Jetzt befanden sich die vor- 
stoßenden Verbände der 37. preußischen und 1. bayerischen Land- 
wehr-Brigade fast der ganzen belgischen Feldarmee gegenüber und 
konnten nur langsam Boden gewinnen. Es fehlte ihnen die Kraft, 
um ihren Vorstoß auf eine ihrer Aufgabe entsprechende Basis zu 
stellen, überall trafen sie auf feindliche Besatzungen und wurden, 
so sehr sie sich auch mühten, von den Hauptabmarschstraßen über 
Lokeren und Moerbeke sowie den beiden gleichlaufenden Schienen- 
strängen ferngehalten. 
Auch der 9. Oktober brachte keine Gewißheit. Bei weiterem 
Bodengewinn nördlich der Schelde bekam man wohl den Eindruck, 
daß der Feind im Abzug begriffen und Teile bereits entkommen 
feien. Daß aber die Masse schon am 7. abmarschiert war, blieb 
auch jetzt noch unbekannt. Man nahm vielmehr noch immer er- 
hebliche Kräfte in der Festung an und gab Weisung an General 
v. Werder, seine Brigaden in östlicher Richtung gegen die 
Festung vorzuführen. 
Es ist zwecklos, hinterher auf Grund der Kenntnis der wahren 
Sachlage Betrachtungen und Berechnungen anzustellen. Hätte 
man nach dem Fall der Nethelinie den Abmarsch von noch stärkeren 
Teilen der an der Hauptangriffsfront eingesetzten Truppen nach 
Westen befohlen, so würde sich die in diesem Kriege so vielfach 
gemachte Erfahrung, daß der Verfolgte immer schneller ist als
	        
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