Volltext: Garde und Hannoveraner vom 28. bis 30. August [7B] (Band 7B II. Teil / 1925)

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des blutigen Ernstes spüren. Führer und Grenadier stellen sich seelisch 
aus Kamps und seine Anforderungen ein, wie es dem trefflichen Geist 
einer preußischen Gardetruppe entspricht. Und neben den kriegerischen In- 
stinkten regen sich rein menschliche Stimmungswerte, Heimatgedanken. 
Todesgedanken. Manchem soll ein etwas gewaltsamer Scherz über die 
wenig behagliche Ungewißheit und das beklommene Gefühl hinweghelfen. 
Die Schützenlinie überschreitet jetzt den kahlen Bergrücken, jede Sekunde 
gewärtig, daß Granaihagel gegen sie losbricht, steig: nun den Hang zum 
Fluß hinab und glaubt von Minute zu Minute, daß das Feuer von Ge- 
wehren und Maschinengewehren aus den Büschen und Hecken jenseits des 
schimmernden Wasserlaufes einsetzen muß. So nähert man sich stetig dem 
Angriffsziel, bis urplötzlich die ungeheure Spannung sich in der Einsicht 
löst, daß man heroisch gegen ein Phantom von Stellung angeht, daß sie 
verlassen ist oder nie vorhanden war. Und darum all der seelische Auf- 
wand, der inbrünstige Heldenmut, Begeisterung, Erregung — in der Tat 
ein unaussprechlich grotesker Gegensatz! Aber trotz jähen Stimmungs- 
Umschwunges gibt sich jeder möglichst unbefangen und gelassen, armet wohl 
im Stillen erleichtert aus, lächelt vor sich hin oder — tut aus Reaktion der 
Nerven etwas ganz Ausgefallenes wie jener Kompagniechef, der seine 
Grenadiere am Fluß Stiesel, Strümpfe. Hosen ausziehen läßt, weil die 
Brücke zerstört ist. Einige ahmen es nach, so daß sich bald ein idyllisches 
Schauspiel bietet, das an tiefsten Manöverfrieden erinnern könnte, wenn 
man nur bei Friedensübungen auch mal neben Brücken durchs Wasser 
gegangen wäre! 
Es stellt dem Angriffsgeist und der Entschlossenheit der Offiziere ein 
glänzendes Zeugnis aus, daß trotz der Selbsttäuschung über das Angriffs- 
Objekt nirgends tastendes Zögern erkennbar war, noch Zeitverlust entstand. 
Wenn auch in vorsichtiger Zweckmäßigkeit gegliedert, wurde, ohne zu stutzen, 
rücksichtslos vorwärts gegangen. Um 5.3t) trafen die vordersten Schützen¬ 
linien des 2. Garde-Regiments an der Oise ein, wo der rechte Flügel mit 
rasch ausweichenden Postierungen wenige Schüsse, wechselte. Der Fu߬ 
gängersteg zwischen Malzy und Romery war abgebrochen. Ebenso ging 
das 4. Garde-Regiment mit dem entwickelten I. und II. Batl. in einem 
Zuge bis auf die Höhe nordöstlich le Brule und stieß unter deren Schutz 
sogleich zur Erkundung weiter vor auf Proisy. Die dortige Straßenbrücke 
war gleichfalls nicht benutzbar. Anderthalb Stunden vergingen, bis die 
Bataillone am Südufer wieder verwendungsbereit waren. Zwischen 7 
und 7.30 abends besetzte das 2. Garde-Regiment die Höhe südlich Ro»i«>ry 
mit I. und Füsilier-Batl.! südlich Proisy etwas später das 4. Garde-Negi-
	        
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