Volltext: Garde und Hannoveraner vom 28. bis 30. August [7B] (Band 7B II. Teil / 1925)

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Frhr. v. Plettenberg auf Grund seiner Nachrichten aus Signy 
l'Abbaye jede Flankenbedrohung gebannt wußte, bestimmte er nunmehr 
Sains, Chevennes, Rougerie und die n ö r d l i ch gelegenen Dörfer zur 
Unterkunft — unter Meldung nach Hombliöres. Gegen 3 Uhr nachm. 
rückte eine Wagen-Kolonne, die Mannschaften in blauen Friedensuni- 
formen, durch Sains auf Houffet vor — die Gefechtsstaffel der 1. Garde- 
Division als vorderste am Feind! Die um 3 Uhr nachm. vom Genkdo. be- 
fohlene Einstellung des Vorgehens war ihr nicht bekannt geworden. Auch 
hatte die Infanterie die Kolonne nicht angehalten! Feindliches Feuer aus 
Houffet klärte dann die Lage und zwang zur Umkehr. 
Die Unterlassung einer allgemeinen Verfolgung und die Anordnung 
eines Ruhetages mitten während der Operationen ist dem General 
v. B ü l o w verdacht worden. Auch General v. G o e b e n hatte nach dem 
Januarsieg bei St. Quentin 1871 nicht verfolgt und war doch als höchst 
tatkräftiger Feldherr bekannt. „Ruhe ist erst im Grabe, gezeichnet Goeben", 
ging damals als Sprichwort bei der Nordarmee um. Der Feldmarschall 
v. Moltke hat in seiner Geschichte des Krieges an Goeben's Sieg 
die nachstehende Betrachtung über Verfolgung geknüpft: „Nach der 
Theorie soll dem Sieg die Verfolgung sich unmittelbar anschließen, eine 
Forderung, der alle, besonders auch die Laien, zustimmen, und doch wird 
derselben in der Praxis selten entsprochen. Die Kriegsgeschichte weist 
wenige Beispiele auf wie das berühmte von Belle Alliance. Es gehört 
ein sehr starker, mitleidsloser Wille dazu, einer Truppe, welche zehn oder 
zwölf Stunden marschiert, gefochten oder gehungert hat, statt der erhofften 
Ruhe und Sättigung aufs neue Anstrengung und Gefahren aufzuerlegen. 
Aber auch diesen Willen vorausgesetzt, hängt die Verfolgung noch ab von 
der Art, wie der Sieg errungen wurde."*) Auch General v. B ü l o w, 
an dessen strategischer Energie die Tage von St. Quentin nicht zweifeln 
lassen, wollte trotz der unerhörten Marsch- und Kampfanstrengungen der 
zurückliegenden zwei Wochen „dem Feind den letzten Rest geben und 
jedenfalls das nördliche Serre-Ufer nehmen".**) Die 
Verfolgung bis zum Serre-Abfchnitt wurde jedoch wieder aufgegeben, als 
man sich vor die Zwangslage gestellt glaubte, die nächsten Maßnahmen dem 
späteren Angriff auf la Fere unterzuordnen. Fliegerbeobachtungen hatten 
den Anschein erweckt, als ob der Feind sich mit beträchtlichen Teilen in die 
*)Graf Helmuth v. Mottle „Geschichte des deutsch-französischen Krieges 
von 1870—71", S. 324. Verlag Mittler, Berlin 1831. 
**) Nach einem Befehlsentwurf, der bei der Abfassung des I. Bandes von 
„St. Quentin" nicht vorlag.
	        
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