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nachm. ausdrücklich gefordert, daß die Artilleriewirkung abzuwarten sei.
Einige feindliche Batterien hielten bei Sains wacker stand und schütteten
den Rest ihrer Munition über die Schützen der Brigade v. Kleist aus,
als diese sich zwischen 3.3t) und 4Uhr nachm. zum Angriff erhoben. Dicht
vor Richaumont waren einige hundert Mann französischer Infanterie ohne
Offiziere in weiter Aufstellung zurückgelassen worden und ergaben sich den
herannahenden Grenadieren ohne Gegenwehr. — Batterien der 2. Garde-
Division erreichten noch von den Höhen östlich Boulpaix und Laigny Nach-
zügler der 51. Reserve-Division, die, in ihrem Halt stark erschüttert, erst
weit südlich Gercy und St. Gobert ungeordnete Marschkolonnen zu bilden
vermochte.
Die Schlacht war ausgekämpft, war gewonnen! Bruchstückweise kam
es der Truppe zum Bewußtsein, da der Kanonendonner sich nur allmäh-
lich wie ein abziehendes Gewitter entfernte und noch lange über den Höhen
von Ribemont grollte. Für die vorrückende Infanterie mehrten sich die
Anzeichen des Erfolges mit dem Durchschreiten der verlassenen feindlichen
Stellungen: fortgeworfene Waffen, Gefangene, zerschossenes Gerät, in der
Ferne die Staubwolken abziehender Kolonnen, wo die Rückzugsstraßen
über Hügelkämme führten. Aber für laute Äußerungen der Siegesfreude
und Siegesstimmung war die Erschöpfung nach den heißen Kampftagen
zu groß. Bei le Herie, wo Truppenteile der 20. Division früher ihr Marfch-
ziel erreichten, ertönten in der Abenddämmerung Choräle und Soldaten-
lieber. Regimenter der 2. Garde-Divifion rückten unter den Klängen der
Musik in ihre Quartiere.
Bis zum Ende der vierten Nachmittagsstunde hatte auch das Armee-
Oberkommando durch die Flieger-Abteilungen 18 und 23 sowie durch das
Generalkommando Garde die Gewißheit erhalten, daß der Feind auf der
ganzen Armeefront im Rückzüge begriffen fei. Um 4.45nachm. ver¬
kündigte Generaloberst v. B ü l o w durch Armeebefehl den Sieg „in der
zweitägigen Schlacht bei St. Quentin". Die Verfolgung sollte durch Ar-
tilleriefeuer und nachstoßende Infanterie-Abteilungen bewirkt werden.
„Die Armee hält morgen und ruht", hieß es dann weiter — der erste
Ruhetag nach fünf und vielfach sieben schweren Gefechtstagen sowie 300 km
Marschstrecke. Es war beabsichtigt, am 31. August die Beschießung der
Festung la Före einzuleiten. Mit Rücksicht auf die Reichweite der Fort-
gefchütze wurde die Unterkunft des X. Korps nur bis zur Linie Parpeville
—Faucouzy vorgeschoben. In Unkenntnis der Fortschritte der 3. Armee
wies man das Gardekorps an, sich nach Westen heranzuziehen und
um le Herte und Richaumont zur Ruhe überzugehen. Da General