Volltext: Flandern 1917 [27] (Band 27/1928)

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Und wir müssen das alles mitansehen, als habe man uns zwanzig 
Minuten vor unserer Hinrichtung noch eine großartige Revue zugedacht, 
freundschaftliche Ermunterung für den Sprung ins Jenseits. 
Nach dem schwarz geschossenen Bunker darf man überhaupt nicht 
hinsehen. Es könnte einem übel werden bei dem Anblick. 
Der lange Adjutant hockt im Trichter und schreibt mechanisch eine 
Meldung auf seinen Block. Dann hört er auf. Es ist ja kompletter 
Unsinn, niemand kann sie nach hinten bringen. Außerdem käme sie 
viel zu spät. 
„Die Blinker!" schreit der Major durch den Lärm. 
Der Adjutant zuckt die Achseln und weist auf die niedrige Boden- 
welle im Rücken. Darüber kann kein Blinksignal springen. 
Plötzlich schlägt sich der Kommandeur vor den Kopf. 
„Brieftauben!" 
Der Adjutant springt auf. Der Brieftaubenträger ist längst gefallen. 
Die Tauben sind in einem Korb gewesen, der Korb war im Bunker. 
Der Adjutant schaut flüchtig nach dem Bunker, dann setzt er sich 
wieder. Das halb bekritzelte Meldeblatt liegt im Dreck . . . 
Bon Langemark her pfeifen die Maschinengewehrkugeln. Das 
deutsche Sperrfeuer, das bisher vorwärts am Steenbeek gelegen, wird 
zurückverlegt. Es bestreicht nun den Raum unmittelbar hinter dem 
Bunker. Einzelne Einschläge fallen unter die kleine Schar. 
Die Tommies drüben stecken ihre Rasen aus den Trichtern. Manche 
zeigen sich mit halbem Oberkörper. Man will die Deutschen auf die 
Probe stellen. Kein Schuß fällt vom Bunker her. Aber die Tommies 
haben ja Zeit. 
Der Kommandeur fletscht die Zähne vor ohnmächtiger Wut. Dann 
zieht er sein Etui, lacht rauh und zückt triumphierend eine Zigarre. 
Dann zeigt er dem Adjutanten das Etui. Es ist leer. 
Die letzte Zigarre dampft. 
-s- 
Allmächtiger Gott . . . wie ein Bote aus dem schon verlassenen 
Diesseits naht mit gedrosseltem Motor und weit gebreitetem grauen 
Flügelpaar ein deutscher Infanterieflieger. Die Eisernen Kreuze unter 
seinen Schwingen leuchten. Der Regen glitzert auf seinem metallenen 
Rumpf. 
Langsam zieht er in vierzig Meter Höhe über das Unglücksfeld.
	        
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