Volltext: Flandern 1917 [27] (Band 27/1928)

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Der Herrgott denkt nicht daran, Abend werden zu lassen. 
Links bei Sankt Jui'ien gehen englische Tanks vor. Sie kommen 
aus den Dorftrümmern und kriechen wie mächtige schwarze Käfer über 
das Feld. Drei, vier, sechs Schützenlinien tauchen hinter ihnen auf. 
Alles geht wie am Schnürchen. Von Gegenwehr ist nichts zu merken. Das 
deutsche Artilleriefeuer liegt viel zu weit vorn. Es braucht nur eines 
von diesen Biestern nach links zu schwenken, um hier alles zu erledigen. 
Mit Fäusten und Fußtritten kann man sich nicht gegen sie verteidigen. 
Wenn schon . . . irgendetwas muß ja geschehen. Ein Wunder 
vielleicht. 
Es ist wie auf einer Insel, einer sehr sonderbaren Insel. Aber da 
man nun einmal darauf ist, so ist nichts dagegen zu machen. 
Der Lärm der Schlacht ist nicht um einen Deut schwächer geworden. 
Ein großartiges Sterbegeläute, eine wundervolle Totenmesse. 
Nun bricht unter einem furchtbaren Krach, der alles übertönt, der 
Betonklotz ein. Eine Flamme schießt hoch. Qualm verzieht sich. Schwarze 
Trümmer rauchen. Dreißig Sekunden lang klatschen Dreck und Zement- 
stücke hernieder. Dazwischen ein grauenhaftes Gemisch aus Menschen- 
fleisch und blutigen Uniformfetzen. 
Ausgelitten, alle miteinander, ohne Ausnahme, an fünfundzwanzig 
Verwundete . . . 
* 
Warum greifen sie nicht an? Was hält sie noch ab? Ob sie vielleicht 
denken, wir feuern nur deshalb nicht mehr, weil wir uns unsere Pa- 
tronen bis zum letzten aufbewahren wollen? 
Wenn sie nur recht hätten! Für jede Patrone gäben wir einen Tag 
unseres Lebens, für jede Handgranate eine Woche! 
Aber wir wissen ja, warum sie noch zögern. Ihre Flieger haben 
unsere Stellung genau aufgezeichnet und übermitteln ihre Feststellung 
nach rückwärts. Nicht lange, und das fürchterliche Sperrfeuer, das jetzt 
noch ein paar hundert Meter hinter uns liegt, wird einen grausamen 
Sprung nach rückwärts tun. 
Die Tanks drüben bei Sankt Julien fahren kreuz und quer durch das 
Trichterfeld, riesige Igel, die nach Mäusen suchen. 
Vorwärts Langemark, am Steenbeek, baut sich eine englische 
Batterie auf. Dahinter steht abgesessene Kavallerie . . . weiß Gott, es 
ist kein schlechter Witz . . . regelrechte Kavallerie!
	        
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