Volltext: Flandern 1917 [27] (Band 27/1928)

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sinnen, den überraschenden Erfolg durch einen sofortigen zweiten Offen- 
sivstoß auszunutzen und die deutsche Nordfront ins Wanken zu bringen, 
kühl von sich. Er stand mitten in den Vorbereitungen zu seiner zweiten 
Aktion, die er nicht einen Tag früher zu unternehmen gedachte, bevor 
die letzte Granate auf ihrem Stapel, der letzte Soldat auf seinem Posten, 
das letzte Geschütz in Stellung sein würde. Er war sich der zehnmal 
größeren Schwierigkeiten dieser zweiten Aktion bewußt. 
Vierzig englische Divisionen wurden zwischen Mitte Juni und 
Mitte Juli nördlich des Kemmel bis zum Anschluß an die neu ein- 
geschobene französische Armee (1. Armee, General A n t h o i n e) nördlich 
Boesingen oersammelt. Eine Artilleriemasse wurde zusammengezogen, 
wie sie die Kriegsgeschichte noch niemals gekannt. Ungeheure Stapel 
von Munition türmten sich überall auf. Hunderte von Jagdfliegern, 
zahlreiche Bombengeschwader traten in Erscheinung. Die gesamte Macht 
des britischen Imperiums war in methodischer Vorbereitung ausge- 
boten, um eine Schlacht zu liefern, deren Dauer, Umfang und Mitte! 
unerhört neuen Grundsätzen entsprachen. 
So wenig solche gewaltigen Vorbereitungen vor den Augen der 
Deutschen verborgen werden konnten, so wenig rechnete der englische 
Befehlshaber mit einem raschen Ergebnis. Er wußte, daß es ein gegen- 
fettiges Abringen geben würde, bei dem die Überlegenheit der Masse 
und des Materials, der größere Einsatz, den. Erfolg bringen mußten. 
Auf dieser Erkenntnis bauten sich alle materiellen und taktischen Vor- 
bereitungen auf. 
H a i g erstrebte keinen genialen Durchstoß, der möglichst schnell 
eine operative Entscheidung im freien Felde bringen sollte. Ihm 
lag kein Tannenberg, er verschmähte auch weit ausgreifende strategische 
Pläne, wie sie dem deutschen Angriff auf Verdun, der französischen 
Offensive an der Aisne zugrunde gelegen hatten. Für ihn gab es nur 
einen Grundsatz, den er den Erfahrungen von Verdun und der Somme 
zu entnehmen berechtigt zu sein glaubte, und der vorzüglich zu seiner Art 
methodischer Rechenexempel paßte: 
Man nehme sich einen zwanzig Kilometer breitW und drei Kilo- 
meter tiefen Abschnitt der feindlichen Front vor, zerh'ämmere ihn vier- 
zehn Tage lang mit ein paar tausend Geschützen aller Kaliber, über- 
schütte ihn mit einigen hunderttausend Gasgranaten, kehre das unterste 
zu oberst, bis nach menschlichem Ermessen sich nichts mehr darin regen 
kann — dann besetze man ihn durch zehn hintereinander vorgehende, 
von einer Feuerglocke geschützte, von Maschinengewehren, Tanks und
	        
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