Volltext: Flandern 1917 [27] (Band 27/1928)

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Turm . . . zwanzig Schritte vom grooten Platz, zwischen ihm und 
der Kathedrale . . . 
Die Zeit steht still. In Sekunden vermischt sich das Heute mit dem 
vor zehn Jahren und dem vor fünfhundert. Die Steine schreien, die 
schwarzen Trümmer . . . aber lauter schreit das Karussell auf dem 
grooten Platz. Ungerührt bleibt nur der Mond, der über die Mauern 
wandert . . . heute, vor zehn Jahren, vor fünfhundert . . . 
Jener Lärm vom grooten Platz her ... jenes mißtönende, schreiende 
Gemisch von Tönen . . . das Gehirn, hier hinter die schwarzen Mauern 
gebannt, quält sich mit schauerlichen Vergleichen . . . „vor zehn Jahren, 
vor zehn Jahren" hämmert es immerfort, immerfort auf dieselbe Stelle 
und will nicht aufhören ... 
„Qa c'est Paris," brüllt der rasende Esel auf dem grooten Platz. 
Die Schüsse krachen . . . Zischen durchfährt die Luft . . . Feuer 
glimmen bengalisch . . . hundertfaches Geheul . . . Splittern und 
Bersten und ein Dröhnen, ein furchtbares Dröhnen im Kopf ... vor 
zehn Äahren . . . 
Achtung . . . eine schwere Granate ... es rauscht, es heult plötzlich 
auf in einer wilden, heißhungrigen Raubgier ... ein gellendes Krachen, 
Prasseln, Geschrei . . . nur vorwärts, Brüder, bald haben wir das Tor 
von Meenen hinter uns und die Majorgraacht, die voller Leichen ist .. . 
wir kommen aufs freie Feld, da ist es nicht mehr so schlimm. Verflucht 
. . . eine ganze Serie ... sie weht heran, durch die Nacht wie ein 
glühender Sturm . . . haushoch jagt ein wüstes Gewirr von Steinen, 
Hölzern und Menschen empor und klatscht wieder zu Boden . . . laufen, 
laufen, nicht zurücksehen . . . hinaus aus dieser Hölle . . . 
„ya c'est Paris," brüllt der Esel und dröhnendes Gelächter überflutet 
den grooten Platz. 
Der Mond schleicht still über das Gemäuer und wirft einen bleich- 
süchtigen Blick durch die Luken. Dann rückt er lautlos und gelangweilt 
weiter. 
* 
Sechzig Schritte, um eine Mauerecke, dann geradeaus. 
Die weißen Quadern eines gewaltigen Bauwerks steigen auf und 
vereinigen sich hoch oben zu einem Tor, das den Eingang zu einem 
Gewölbe bildet. Von oben fließt der Mondschein durch drei kreisrunde 
Löcher bis hinab auf die Straße, die durch das Tor führt. Er streift die 
Seitenwände aus hellem Basalt und Marmor. Die Wände, die bedeckt
	        
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