Volltext: Flandern 1917 [27] (Band 27/1928)

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einem Bündel veralteter Liebesgabenzeitungen an die Front, so pries 
sich der Frontsoldat glücklich, aus berufenem Munde zu erfahren, wie 
denn der Krieg eigentlich hier aussah. 
Heute ist es nichts mehr mit dem Feldherrnhügel, mit den Kriegs- 
berichterftattern und ihren schwungvollen Berichten. Die Flandern- 
schlacht ist langweilig geworden, seit sie keine Sensationen mehr bringt, 
nur noch Verlustziffern. Italien, der Übergang über den Tagliamento, 
das sind ergiebigere Themen, da kann man vollklingende Töne an- 
schlagen, da gibt es Landschaft, Bewegung, Plastik, Siegesgefühl. Das 
Thema Flandernschlacht ist unzeitgemäß, veraltet. Selbst der Heeres- 
bericht beschränkt sich auf das wichtigste. 
Und überdies ist auf dem Feldherrnhügel von Westroosebeke nichts 
mehr zu sehen. Der K.T.K. ist dort, seit die Front unweit des 
Weilers Spriet verläuft und seit um Passchendale und eben diesen 
Hügel schwer gerungen wird in Schlamm und Morast. Und wo der 
K.T.K. ist, da ist es vorbei mit schönen Berichten und lyrischen Er- 
güssen. Die Meldezettel, die von solch einem K.T.K. aus durch Melde- 
läufer zum Regiment gebracht werden, sind der krasseste Typ einer 
trockenen, unliterarischen, schwunglosen und phantasiearmen Dar- 
stellung. Nein, das Lyrische hört schon weit hinter dem K.T.K, auf. 
Von Vijfwegen geradeaus, an der Bahn entlang, auf Schaap Balis 
z«, ist überhaupt nichts zu sehen, denn das Braun der Trichter, das 
Glänzen der Wasserlachen, das Aufspritzen schmutziger Schlammfon- 
tänen und der graue Dunst der Puloerschwaden bedeutet hier keine 
Sehenswürdigkeit mehr. Das gehört so dazu und verdient nicht, be- 
sonders vermerkt zu werden. 
Man müßte schon auf die Windmühle klettern — wenn sie noch da 
wäre! —, um nur einige tausend Meter weit über die Ebene schauen zu 
können, die sich zwischen dem Wald zur Rechten und dem Höhenzug zur 
Linken ausdehnt. Dann könnte das Auge vielleicht bis nach Langemork 
und nach Poelkapelle gelangen. Aber zu sehen gibt es auch da nichts. 
Beide Dörfer unterscheiden sich durch nichts von dem Trichterfeld rings- 
um. Vielleicht wird später einmal ein Geologe einige Steinrests und 
Merkmale menschlicher Behausungen ausgraben, damit man sagen 
kann: hier hat einst Langemark gestanden, hier lag einst Poelkapelle, 
so ungefähr verlief die Straße zwischen beiden, dort überquerte die 
Eisenbahn den Steenbeek. 
Kann man sich überhaupt vorstellen, daß einmal hier wieder Ruhe 
einkehren wird? Daß die Fontänen aufhören zu tanzen, die Einschläge
	        
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