Volltext: Flandern 1917 [27] (Band 27/1928)

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die Deutschen auf die Wiedereroberung von Langemark den größten 
Wert legen, lassen sie keinen Morgen ohne Angriff und vorausgehende 
wilde Trommelei verstreichen. Sie haben allmählich begriffen, daß nicht 
so sehr der einmalige Großangriff den Verteidiger zermürbt wie die 
ständige Wiederholung mehr oder weniger ernst gemeinter Vorstöße. 
Ost genügt es ihnen sogar, eine halbe Stunde zu trommeln und dann 
ihr Feuer vorzuverlegen, als ob sie die Absicht hätten anzugreifen. Sie 
wissen, daß dann drüben bei den Deutschen der ganze Apparat der 
Abwehr in Bewegung gerät, mit unsäglichen Mühsalen in Schlamm 
und Sperrfeuer verbunden. 
So sieht es bei Schreiboom jetzt aus, seit Langemark daran 
glauben mußte, seit der Regen in Strömen vom grauen Himmel fällt 
und seit der K.T.K. den in die Trümmer eingebauten Betonbunter 
bezogen. 
* 
Der Musketier Müller III, aus einem jener lieblichen Dörfer des 
hessischen Rheingaus stammend, in denen man frankfurterisch spricht 
und abends seinen Schoppen Apfelwein trinkt, hätte wohl Grund ge- 
habt, darüber zu philosophieren, wieso er dazu gekommen, hier vor- 
wärts Schreiboom als Mitglied eines vorgeschobenen Halbzuges seiner 
Kompagnie im nassen Trichter zu hocken. Aber so viel lehrreiche Philo- 
sophie auch in Friedenszeiten auf den Krieg verwendet wird, so unge- 
eignet erscheint er selbst dazu, wenn man mitten darin ist. 
Schließlich hätte sich der Musketier Müller III, wenn er wirklich 
dazu aufgelegt gewesen wäre, zu seiner Beruhigung auch sagen können, 
daß alles eine logische Kette darstellte, von der aktiven Dienstzeit in 
Mainz über den schönen Sommer 1914 daheim in die Lothringer 
Schlacht, von dort an die Marne, in die Champagne, vor Verdun, an 
die Aisne, abermals vor Verdun. Ein Zwischenspiel in den Vogesen 
zur Auffrischung der Abwehrnerven, kurzerhand an die Somme, rein in 
die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, wieder rein in die Kartoffeln, 
wieder raus aus den Kartoffeln. Dann ein fast beschaulicher Winter 
vor Sankt Quentin, ein Frühjahrsintermezzo bei Arras zur Ange- 
wöhnung, auf den Chemin des dames als Generalprobe und schließlich 
nach Flandern. Durchaus nichts Verwunderliches dabei. 
Im Gegenteil. Es wäre wohl Grund vorhanden, über die weise 
Einrichtung einer Westfront nachzudenken, die jeder Abwehrschlacht 
einen besonderen Stempel aufdrückte, durch den sie sich vor der voraus¬
	        
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