Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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Goldküste Westafrikas über die Säulen des Herakles hinaus bis zu den 
Bernsteingestaden der Ostsee umspannte. 
In sausender Fahrt lege ich die Strecke von der 1700 m hohen Pa߬ 
scheide bis zum Nullpunkt des Mittelmeeres zurück. Von 100 m zu 
100 m wird es wärmer, die Luft wird tropisch schwül, der Mantel fällt, 
ich öffne den Rock, um die feuchte Seebrise voll zu genießen. Ain Sosar 
und die übrigen Sommerkurorte der reichen Beiruter Kaufherren fliegen 
vorüber, schon tauchen die ersten Dattelpalmen auf, die sich vor der 
Stadt zu Hainen gruppieren; ich durchfahre im abendlichen Dunkel die 
gewundenen Straßen von Beirut und bin am Ziel. Die gastlichen 
Räume des deutschen «Hotels Gaßmann" nehmen uns müde Reisen- 
den auf. 
Die frühe Morgenstunde an der St. Georgsbai! Sie bedeutet in- 
mitten des Hastens und Jagens des nervenzerreibenden Kriegslebsns- 
einen Augenblick des Aufatmens und der Erholung für Körper und 
Geist. Eben steigt die Sonne über den Libanon: ich schaue von meinem 
Balkon, vor mir das türkische Häusergewirr; noch ruht der orientalische 
Lärm der Straße, vom nahen Minarett tönt der klagende Ruf des 
Muezzin. Drüben rechts die blaue Höhe des Gebirges, links vor mir 
der dunkle Spiegel des leise atmenden Meeres. Das blutige Ringen des 
Weltkrieges dringt nicht bis hierher; wie Gottesfrieden liegt es über 
diesem paradiesischen Stück Welt. 
Die Stadt Beirut und die nahen Hänge des Libanon vereinigen in 
sich in seltenem Maße die für die Anlage eines Genesungsheimes er- 
forderlichen klimatischen Eigenschaften. Die geographische Lage der Stadt 
— Beirut liegt auf dem 34. Breitengrad —, die unmittelbare Nähe des 
Meeres zeitigen einen Winter, der, zumal bei Ausschaltung der kontinen- 
talen östlichen Winde durch das Gebirge, keinen Frost kennt und alle 
Vorbedingungen für eine volle Erholung des durch das Frontleben ge- 
schwächten Körpers erfüllt. Es fiel mir nicht schwer, mit dem volles 
Verständnis zeigenden deutschen Besitzer des Hotels ein Abkommen zu 
treffen, durch das gute Unterkunft und deutsche Verpflegung für eine 
größere Anzahl erholungsbedürftiger Heeresangehöriger gesichert war. 
Für die Sommerzeit, die naturgemäß recht erhebliche Hitzegrade 
bringt, galt es, in dem nahen Gebirge, doch so, daß die erfrischende 
Seeluft nutzbar blieb, einen Punkt zu finden, der auch wirtschaftlich 
günstig gelegen, sich zum Luftkurort eignete. Als solcher kam das Liba¬ 
nondorf Brumana in Frage, auf dessen Vorzüge bereits D j e m a! 
Pascha in Aleppo meine Aufmerksamkeit gelenkt hatte. Brumana liegt
	        
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