Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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wagen läuft im Zuge. Der Stab ist auf der Fahrt bis Bvzanti Gast des 
Marschalls E n v e r, der alle Kosten der Verpflegung trägt. So will es 
die Etikette türkischer Gastfreundschaft. Die erste traumlose Nacht im 
rollenden Zuge auf asiatischem Boden! 
Ein Tag im Sonderzug als engere Begleitung des Oberbefehlshabers 
„Jildirim" bringt keine körperlichen Anstrengungen, man müßte denn 
die in orientalischer dichter Reihenfolge sich häufenden Tafelgenüsse dazu 
rechnen. Das Mittagessen ist eine kulinarische Leistung, deutsche und 
türkische in Fett schwimmende Gerichte bis zur Ermüdung, dann aber 
köstliche Früchte wie aus den Gärten der Hesperiden, Pfirsiche, Wein¬ 
trauben und Feigen von märchenhafter Schönheit. Die Unterhaltung 
dreht sich um Land und Leute, während draußen die steilen und pitto- 
resken Randgebirge Lykaoniens mit ihren Graten und Schlünden 
vorüberfliegen. 
Eski Schehir, die Stadt des Meerschaumes, und Kutahia liegen hinter 
uns, zur Linken erhebt sich die in unabsehbarer Weite sich ausdehnende 
Hochebene Phrygiens und Lykaoniens. Die Sonne brennt heißer und 
heißer. Als sich aber der Abend senkt, machen wir Halt in Konia, dem 
Ikon mm des Apostels Paulus. 
Hier ist „großer Empfang", eine Zeremonie, in welcher der Türke 
überhaupt Meister ist. Der Kaimakam mit dem Stab seiner Beamten 
ist versammelt, eine türkische Ehrenkompagnie ist aufgestellt und erweist 
unter Janitfcharenmufik die militärischen Ehren. Ganz heimatlich mutet 
es uns an, als zwei kleine zierliche deutsche Mädchen dem General v. 
Falkenhayn Blumen überreichen und mit zitternden Stimmchen ihr 
„Viel Glück Euer Exzellenz!" piepsen. Sie erhalten beide ihren Kuß 
und eilen glücklich davon. 
Diese Empfänge wiederholen sich mehr oder weniger auf allen 
Stationen, wo haltgemacht wird. Die Nacht ist in dem engen Abteil 
fast unerträglich heiß, aber doch, anscheinend wenigstens, wanzenfrei. Die 
Toilettenverhältnifse aber sind — echt orientalisch — geradezu jammer¬ 
voll. 
Mit Morgengrauen erheben sich vor uns die himmelansteigenden 
Gebirgsmassive des Taurus. über Eregli und Bozanti und weiter nach 
Karapunar, wo die Anatolische Normalbahn bis Gelebek unterbrochen 
ist durch ein Stück schmalspuriger Feldbahn. Karapunar ist ein jetzt mili- 
tärisch sehr wichtiger Umschlagsplatz: er liegt tief eingebettet in einem 
runden Gebirgskessel, dessen Wände in grauem Dolomitgestein steil an- 
steigen. Schon frühmorgens drückend Heiß, ist Karapunar tagsüber die
	        
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