Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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voller Weise über schätzt, die aus der Natur de» Landes, den 
unzulänglichen Verkehrswegen und der Mentalität der Türken er- 
wachsenden Schwierigkeiten aber unter schätzt. War doch „Jildirim" als 
ein ausgesprochenes Ossensiv-Unternehmen mit dem Endziel der Wieder- 
eroberung von Bagdad gedacht. Ob hierzu, auch unter deutscher Führung 
und mit Hilfe deutscher Truppen, damals das türkische Heer überhaupt 
noch fähig war. konnte zweifelhaft erscheinen, selbst wenn eine so über- 
-ragende Persönlichkeit, wie der frühere Chef des deutschen General- 
Stabes, General v. Falkenhayn, der glänzende Armeeführer im 
rumänischen Feldzuge, an die Spitze des Unternehmens gestellt wurde. 
'Gewiß war zu erwarten, daß offene und geheime Widerstände aller Art 
von einem Manne am leichtesten gebrochen werden konnten, dessen Ver- 
gangenheit an sich ein Entgegenbringen vollen, unbedingten Vertrauens 
selbstverständlich erscheinen ließ, der auf reiche Erfahrungen auch in kolo- 
nialen Unternehmungen zurückblickte und soldatische Tüchtigkeit mit der 
bezwingenden Verbindlichkeit des weltgewandten Mannes verband. 
Wenn trotzdem die Unternehmung, von Reibungen. Widerständen und 
Mißtrauen in Ketten geschlagen, in katastrophale Niederlagen auslief, 
-so liegt darin der Beweis, daß „Jildirim" Aufgaben zu bewältigen hatte, 
die unlösbar waren, daß hier das Wort „Schwierigkeiten gibt es nicht" 
zur Überhebung führte, zu einer bedenklichen Uberschätzung deutscher 
und ganz besonders türkischer Kraft im dritten Jahre des Weltkrieges. 
Wieweit Enver Pascha, etwa durch übertriebene, günstige Dar- 
stellung der türkischen Leistungsfähigkeit, bei seinen Verhandlungen mit 
der deutschen Obersten Heeresleitung hierfür verantwortlich zu machen 
ist, ob ferner für ein vertrauensvolles, ersprießliches Zusammenarbeiten 
mit den Bundesgenossen von seilen deutscher Kammandobehörden und 
Offiziere gesorgt und der türkischen Eigenart immer in zweckdienlicher 
Weise entsprochen worden ist. steht dahin. Es wäre verfehlt, den 
tragischen Ausgang allein unseren Bundesgenossen zur Last zu legen. 
Sicherlich sind auch deutscherseits Fehler und Unterlassungen begangen. 
Es sei nur daran erinnert, daß der Bahnbau im Taurus- und Amanus- 
gebirge nicht von Anfang an die Förderung erfuhr, die ihm bei seiner 
ausschlaggebenden Bedeutung zukam. „Die Unvollkommenheit alles 
menschlichen Tuns zeigt sich nirgends deutliche« als im Kriege!" sagt mit 
Recht Heinrich v. Treitschke in feiner „deutschen Geschichte".
	        
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