Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

Nachwort. 
*|T"J'ie eine düstere Tragödie mutet der Zusammenbruch der türkischen 
Armeen in Palästina und Syrien an. Die gewaltige Probe 
des vierjährigen Weltkrieges ging über ihre Kraft. Ein großes Volks- 
Heer, das in ruhmreicher Vergangenheit langer Jahrhunderte in zwei 
Erdteilen Sieg und Ehre an seine Fahnen geheftet hatte, das im ersten 
Kriegsjahr heldenmütig die Dardanellen verteidigt und späterhin erfolg- 
reich am Tigris, an der Donau und in Ealizien gefochten hatte, sehen 
wir schließlich der inneren Auflösung und der Vernichtung anHeim- 
fallen. Wie hatte es zu solcher Katastrophe kommen können? 
Gewiß war die Türkei durch lange unglückliche Kriege und innere 
Umwälzungen militärisch und finanziell geschwächt in den Weltkrieg ein- 
getreten, gewiß sah sie sich in der britischen Weltmacht einem Feinde 
gegenüber, der, lebenskräftig, über unbegrenzte Mittel an Menschen und 
Kriegsgerät verfügte und zudem unmittelbar hinter seinen Fronten 
immer von neuem aus dem Vollen schöpfen konnte. Aber der wirkliche 
Grund des türkischen Zusammenbruches lag tiefer, lag in der inneren 
Zersetzung des ganzen türkischen Staatsorganismus, einem bis in die 
Wurzel hinein faulen Verwaltungssystem, jener Paschawirtschaft, die, 
allen Reformen abhold, die reichen Schätze des Landes verwerflichem 
Eigeninteresse nutzbar machte, statt sie zum Wohl des Ganzen zu ver- 
wenden. Die jungtürkische Revolution hatte nur die äußeren Formen 
dieser Mißwirtschaft geändert, ohne ihren Kern zu treffen oder etwas zu 
bessern. Zu all diesem trat endlich eine gänzlich verfehlte Regierungs- 
Politik gegenüber einem Teil der eigenen Landesgenossen. Das wehrlose 
Volk der Armenier wurde dadurch der Ausrottung nahegebracht, an der 
Volkskraft und dem Fanatismus des Arabertums in Syrien und dem 
Ostjordanland mußte die türkische Gewaltpolitik fehlschlagen und zum 
eigenen Verderben werden. Die Annahme scheint nicht ungerechtfertigt, 
daß der türkische Palästina-Feldzug einen anderen, jedenfalls nicht diesen 
katastrophalen Ausgang genommen haben würde, wenn die Türkei es 
verstanden hätte, beizeiten den Aufstand der Araber zu verhindern. 
Es war eine tragische Fügung, daß Deutschland, seinem osmanischen 
Bundesgenossen die Treue haltend, in die Katastrophe hineingezogen 
wurde, daß deutsche Truppen fern der Heimat auf dem heißen Boden 
Asiens Gesundheit und Leben opfern mußten, um der Türkei den vertrag¬
	        
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