Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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In Rajak, der Umschlagstelle für das gesamte der Front zuzuführende 
Heeresgut, hatte die Verstopfung der Bahn, die so verhängnisvoll auf 
alle Frontunternehmungen einwirkte, ihren höchsten Grad erreicht. Auf- 
fällig war hier und überhaupt auf allen mit einem Verpflegungsmagazin 
verbundenen Stationen die große Anzahl deutscher Soldaten, die dort 
hängen geblieben waren und für die Front ausfielen. Das kameradfchaft- 
liche Verhältnis unserer Leute in der Etappe zu den türkischen Soldaten 
schien im Gegensatz zur Front nicht ganz ungetrübt geblieben zu sein: 
in Rajak konnte man einen Anschlag der deutschen Etappeninspektion 
lesen, in dem den deutschen Heeresangehörigen bei Strafe verboten wurde, 
den türkischen Soldaten mit dem Namen „Banause" zu bezeichnen! 
Die überquerung des Amanus und Taurus, die jetzt im Schnee lagen, 
ging, obgleich der Vollbahnbetrieb immer noch nicht eingerichtet war, 
glatt vor sich. Bemerkenswert waren hier die zahlreichen indischen Kriegs- 
gefangenen, Sikhs und Gurkha, deren ausgeprägtem Rassestolz die harte 
Arbeit augenscheinlich sehr schwer fiel. ! 
Die Hochebene von Kleinasien stand unter dem Zeichen des Hungers. 
Die abgemagerten Bewohner dieses von der Natur sonst so reich aus- 
gestatteten Gebietes drängten sich mit dem Ruf „Ekmekl" (Brot) an den 
Zug. Brot war der Tauschartikel, gegen den man die kleinen Erzeugnisse 
des Landes, Meerschaum und feine Wollgewebe aus Angoraziegenhaar, 
einhandeln konnte. Am Meerbusen von Jsmid, dem alten Nikomedia, 
wurde es besser. Dort waren Lebensmittel wieder für Geld zu haben. 
Konstantinopel bot in seinem Äußeren vollständiges Friedensgepräge. 
Auf der grande rue de Pera flutete der Verkehr, dessen buntes Bild durch 
die zahlreichen deutschen Soldaten, denen Stambul nur zu gut gefiel, 
einen ausgesprochenen feldgrauen Einschlag aufwies. 
Am 9. April schloß sich wiederum die Tür des Balkanzuges hinter 
uns, diesmal zur Heimkehr nach Deutschland. Ein Abschnitt reichen Er- 
lebens fand damit seinen Abschluß. Wir waren Zeuge ernster und folgen- 
schwerer Ereignisse gewesen, bei denen uns das Schicksal eine verant- 
wortungsvolle Mitarbeit zugewiesen hatte. Enttäuschungen waren nicht 
ausgeblieben. Und doch wird jeder deutsche „Jildirimkämpser" dem 
Ausspruch des Generals v. Falkenhayn recht geben, den er in ernster 
Lage auf dem Ölberg tat: „Trotz allem! Wenn wir einst lebendig aus 
dem Heiligen Lande wieder nach Haus zurückkommen sollten, wir werden 
doch an diese Zeit als an eine der bewegtesten und interessantesten zurück- 
denken!" 
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