Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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die Truppen das nötige Getreide zusammenzubringen. Den von den 
Engländern gerade in Damaskus in großer Anzahl unterhaltenen Agenten 
war es ein leichtes, wahrscheinlich nicht ohne Zutun arabischer Notabeln, 
die Erbitterung und den Haß des arbeitslosen hungernden und frierenden 
Pöbels auf die Deutschen als die an der Hungersnot Schuldigen zu lenken. 
Schon am Tage nach der Ankunft der deutschen „Jildirim"-Osfiziere 
konnte man an den Straßenecken gedruckte Anschläge sehen, in denen 
von ungenannten Hetzern das Volk aufgefordert wurde, die Deutschen 
totzuschlagen, solange sie noch nicht über die nötigen Truppen in der 
Stadt verfügten. 
Brauchte man diese Drohungen zunächst noch nicht ernstzunehmen, 
so waren sie doch bezeichnend für die ganze Stimmung und machten den 
Aufenthalt in Damaskus eben nicht angenehmer. Ein nennenswerter 
Schutz stand jedenfalls nicht zur Verfügung. Die wenigen österreichisch- 
ungarischen Etappentruppen sahen ihre Hauptaufgabe darin, Medaillen- 
geschmückt unter Hörnerklang durch den Bazar zu marschieren. Sonst lagen 
in der Stadt nur vereinzelte türkische Etappenformationen, die ebenso- 
wenig wie die ungezählten Ausreißer der Front einen nennenswerten 
Schutz darstellten. Lediglich die Furcht vor Waffengewalt hielt damals- 
noch die aufständische Bewegung der arabischen Einwohner nieder. Sie 
kam aber einige Monate später zum blutigen Ausbruch, als die türkische 
Front zertrümmert war und die ordnungslos zurückflutenden Truppen- 
teile auf ihrem Rückzug nach Norden bt.c Stadt passierten. 
So sah es in Damaskus aus, als dort am 27. Februar von der 
Heeresgruppe aus Nazareth die drahtliche Mitteilung einlief, daß Ge- 
neral v. Falkenhayn und der Chef des Stabes, Oberst v. D o m m e s, 
behufs anderweitiger Verwendung vo ? der deutschen Obersten Heeres- 
leitung abberufen feien, und daß Marschall Liman v. Sanders, 
bisher Führer der türkischen 5. Armee in Kleinasien, den Oberbefehl über 
„Jildirim" übernommen habe. Gleichzeitig wurde bekannt, daß die 
Ankunft des neuen Oberbefehlshabers in Nazareth unmittelbar bevor- 
stehe und daß der größte Teil seines bisherigen türkischen Stabes 
sich in seiner Begleitung befinde. Diesen Nachrichten folgte noch an dem- 
selben Tage der Befehl, daß der in Damaskus befindliche Teil des bis- 
herigen Stabes sich sofort nach Nazareth zurückzubegeben hätte. 
Am 28. Februar trafen wir dort bereits wieder ein. Die Schar der 
„Morituri" nannten sich die Abteilungs-Ehefs im bitteren Humor; denn 
es war ihnen nicht einen Augenblick zweifelhaft, daß mit dem Wechsel, 
der Person des Oberbefehlshabers gleichzeitig eine grundsätzliche Um-
	        
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