Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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Sie befanden sich nach tagelangem Marsch über die steinigen Gebirgs- 
wege in einem jämmerlichen Zustand. Man sagte, daß es Frontgebrauch 
geworden sei, den als dienstunfähig den Lazaretten zugewiesenen Ka- 
meraden die Stiefel abzunehmen. 
Die mutlose Stimmung der Mannschaften mußte noch mehr sinken, 
wenn sie an gefangenen und toten Engländern sahen, wie reichlich ge- 
nährt und gut ausgerüstet diese waren. Der von der Heeresgruppe 
gemachte Versuch, aus Deutschland durch Vermittlung des Kriegs- 
Ministeriums warme Uniformstücke heranzuholen, bot bei der weiten 
Entfernung nur wenig Aussicht, der Not baldigst abzuhelfen. 
Unter diesen Umständen war es nicht auffällig, daß auch das Fleck- 
sieber unter den türkischen Truppen an der Front zunahm und die 
Lazarette der Etappe anfüllte. Die wenigen Transporte, die auf dem 
Anmarsch den von jeher als Fleckfieberherd berüchtigten Bezirk von 
Damaskus berührt hatten, schleppten die Seuche immer von neuem ein. 
Der türkische Sanitätsdienst stand dem fast ohnmächtig gegenüber. Die 
ohnehin geringe Gefechtsstärke der Kampfverbände sank immer tiefer. 
Die deutschen Sanitätsformationen halfen den türkischen Kameraden, wo 
sie nur konnten. Mit großem Geschick hatten sie es verstanden, in Dschenin*) 
ein halbzerfallenes türkisches Bad zu einer leistungsfähigen Entlaufungs- 
anstatt umzubauen: denn die Entlausung der Truppe bewährte sich auch 
hier als das einzig wirksame Mittel gegen das Fleckfieber. Die Sanitäts- 
Kompagnie 300 hatte zwanzig sehr brauchbare anatolische Kamele über- 
wiesen erhalten. Der Chefarzt, Stabsarzt Stein, wußte diese vor- 
trefflichen Tiere mittels arabischer Treiber für den Transport des 
schweren Sanitätsmaterials in geschickter Weise nutzbar zu machen. Die 
Tiere folgten bis auf einen alten bissigen und deshalb unbrauchbaren 
Hengst pünktlich dem im tiefen Kehlton gegebenen arabischen Kommando, 
legten sich nieder, standen auf und setzten sich in Reihenmarsch. Leider 
ergab sich auch hier die Tatsache, daß das Kamel selbst bei reichlichem 
Futter auf die Dauer nicht mehr als 150 Kilo Last zu tragen vermag. 
Immerhin boten die Kamele die einzige Möglichkeit, die Sanitäts- 
Kompagnie in dem Gelände Palästinas einigermaßen beweglich und 
verwendbar zu machen. Die deutschen Krankenträger waren ausgesuchte, 
im Trommelfeuer des französischen Kriegsschauplatzes bewährte Leute 
und fanden sich schnell in die gänzlich ungewohnten Verhältnisse. Es war 
interessant und erfreulich, diese Sanitäts-Kompagnie mit ihren Kamelen 
*) Das Engannim der Bibel, am Südrand der Ebene von Esdrelon 
gelegen.
	        
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