Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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Der Aufstieg zum Berge ist steil und steinig. Von der grünen Matte 
heben sich wie Tintenspritzer die schwarzen langohrigen Ziegen ab, deren 
Hirt, ein in Lumpen gehüllter Beduine, sich mit scharfer Linie vom tief- 
blauen Himmel abhebt. Huschend verschwindet der graubraune Schatten 
eines in der Ruhe gestörten Schakals im Felsgeröll, sonst herrscht dort 
oben völlige Stille und Einsamkeit. 
Von vorspringender Felsplatte hat man eine weite Rundsicht auf die 
in der Tiefe liegende Ebene und die Gebirge von Gilboa und Samaria. 
Kaum wird es auf Erden einen Punkt geben, an dem in gleicher Weife 
Blick und Gedanken in die Vergangenheit und Geschichte der Menschheit 
zurückgelenkt werden. Denn die Ebene Esdrelon oder Iesreel war der 
Kampfplatz feit Jahrtausenden, auf dem die Völker von Osten und Westen, 
Süden und Norden zusammenstießen und Schlachten schlugen. Wie ein 
altersbraunes Pergament, in das die Geschichte mit blutigen Runen die 
Ereignisse vermerkt hat, liegt das weite Kampffeld dort unten in der Tiefe 
und erzählt mit stummen Worten von der Vergangenheit. Von jenen 
Zeiten, als der Pharao Necho „um zu streiten wider Karchemis am 
Euphrat" mit Wagen, Roß und Mann von Süden her heranrückte und 
I o f u a, den König von Iuda, der sich ihm entgegenstellte, schlug und 
tötete. Das war im Jahre 610 vor Christi GeburtI 
Dort drüben im Südwest der Ebene, wo Karmel und Gebirge von 
Gilboa einen Einschnitt in den Randbergen freilassen, bei Meggido, 
das schon Salomo zu einem festen Kastell ausbaute, mündete ja die alte 
Heerstraße, die spätere Via maris, ein. Nebukadnezar benutzte sie 
von Nordosten hereinbrechend, um die Städte Galiläas zu knechten, 
auf ihr marschierte Holofernes heran, um dann vor den Mauern 
der alten Stadt Bethulia, deren Trümmer dort am AbHange der Berge 
von Gilboa herüberwinken, durch die Hand der Judith ein unrühm- 
liches Ende zu finden. 
Schwere Zeiten brachen über das Volk Israel herein, als die 
Philister unter König I a b i n zu Hazor von Westen aus dem Lande 
Kanaan immer wieder vorstoßend, das Land verwüsteten und knechteten. 
„Und die Kinder Israels schrien zum Herrn!" denn der feindliche Feld- 
Herr S i f e r a hatte 900 eiserne Wagen, mit denen er sich zur Schlacht 
ordnete, am Bache Kison dort drüben am Fuße des ragenden Karmel. 
Da erschien als Retterin Debora, die Richterin, und Barak, ihr 
Feldherr, mit 10 000 israelitischen Streitern, mit denen er vom Tabor 
heranstürmte und die Philister schlug. S i s e r a mußte fliehen und 
fand den Tod in der Hütte eines Weibes, die ihm im Schlaf einen Nagel 
durch den Kopf schlug.
	        
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