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um hier christliche Truppen unter Iunot, Bonapartes General,
gegen Türken und mußten, nicht als Sieger, denselben Weg wie jene alten
Kreuzritter, zurück gen Akkon, nehmen. Wunderbar fügt die Geschichte
das Geschick der Völker. Dort, wo jene Schlachten geschlagen wurden,
sollten in wenigen Monaten, im Oktober 1918, deutsch-türkische Truppen
den letzten Kampf ausfechten gegen die nachdrückende Übermacht der
Engländer unter General A l l e n b y. Das sollte das Ende der Türken
in Palästina werden.
Wenige Kilometer weiter Lubije mit seinem uralten Zisternen»
brunnen. Hier zweigt nach Nordwesten, die Via maris, jene alte Römer-
straße, ab, auf der ohne Zweifel Jesus, wenn er von Nazareth zum
See wanderte, abbog, um bei Magdala, dem heutigen Medschdel, die
Ebene von Genezara auf kürzestem Wege zu erreichen.
Heute war diese Karawanenstraße als choleraverseucht erklärt, die
alte Zisterne von dem beratenden Hygieniker aus diesem Grunde ge-
schlössen und als choleraverdächtig äußerlich durch Holztafel in türkischer
und deutscher Schrift kenntlich gemacht. Theorie und Wirklichkeit! Wenige
Tage, ehe ich mit dem Oberbefehlshaber jene Stelle passierte, hatte ich
dort eine türkische Reitertruppe im Biwak angetroffen. Die türkischen
Offiziere aber hatten jene Warnungstafel zum Feldtisch umgewandelt,
saßen vergnügt daran, aßen genügsam ihr trockenes Soldatenbrot und
tranken kühles Zisternenwasser dazu, das soeben ein Askar dem cholera-
verseuchten Brunnen entnahm!
Run geht es in steiler Serpentine hinunter zum Galiläischen Meer.
Wie ein blaues Auge leuchtet es in den einem kahlen Totenschädel
gleichenden Randgebirgen. Tief liegt der See mit seinen grünen Ufern
unter uns. Einen recht erheblichen Klimawechsel bringt der Abstieg von
der Meereshöhe Razareths (500 m) zu dem 208 m unter dem Spiegel des
Mittelmeers liegenden See Genezareth. Der Rundblick ist einzig schön:
rechts der grüne Kegel des Tabor, des Berges der Verklärung Christi,
dort unten der See mit dem Städtchen Tiberias, seinen Minaretts,
Moscheen und der Synagoge, eingefaßt von dem altersdunkeln Mauer-
kränz einer Kreuzritterbefestigung. Dort links Magdala, die Heimat der
Maria von Magdala, der begeisterten Verehrerin des Meisters, Tapcha,
der Ort der sieben Quellen (Heptapegai), die Trümmerreste von Ehorazim,
Bethfaida und Kapernaum. Und hoch oben, wie ein Krönlein auf dem
Haupte des großen Berges, Safed, „die Stadt, die auf einem Berge liegt",
jetzt noch das Ziel strenggläubiger Zionisten; denn dort wird der Messias
am Ende aller Tage zur Erde niedersteigen, und von weither über das