Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

114 
Sicherung gegen umfassend angreifende Kavallerie nichts mehr ver- 
fügbar blieb. 
Ein weiterer feindlicher Vorstoß erfolgte bei Birseba zunächst aber 
nicht. Die nächsten feindlichen Operationen richteten sich vielmehr gegen 
den westlichen Frontabschnitt mit seiner festen Stellung bei Gaza. Eine 
unmittelbare Gefährdung Jerusalems lag also vorläufig noch nicht vor. 
Trotzdem konnte ein Zweifel an dem ganzen Ernst der Lage nicht ob- 
walten. Die Straße Hebron—Jerusalem lag für einen feindlichen Vorstoß 
offen, ein Kavalleriekorps würde hier kaum einen ernsten Widerstand 
von seilen der Türken gefunden haben. Bei der streng-systematischen, 
den Engländern eigenen Taktik durfte man indessen mit einiger Sicher- 
heit annehmen, daß der konzentrische Angriff auf Jerusalem erst erfolgen 
würde, wenn auch die Gaza-Front gefallen und die längs des Wadi 
Sarar nach Jerusalem führende Straße in englischer Hand war. 
Bei einer Erkundungsfahrt in Richtung Hebron—Daharije konnte 
ich feststellen, daß beim türkischen Armeeoberkommando 7, das seinen 
Sitz in Hebron hatte, unmittelbar mit einem Vorstoß englischer 
Kamelreiter gerechnet wurde. Die Stadt glich einem aufgestörten 
Ameisenhaufen, der Stab des Armeeoberkommandos stand fertig zum 
schleunigen Abmarsch längs der Straße neben den gesattelten Pferden. 
Tatsächlich hatte sich eine feindliche Kamelreiterpatrouille in Stärke von 
etwa 70 Mann vom Toten Meer her der Stadt genähert und war ab- 
geschnitten worden. Die Reitkamele, edle, besonders für diesen Zweck 
von den Beduinen gezüchtete Tiere, lagen völlig ermattet auf einem 
freien Platz: die Reiter, zum Teil dunkle Söhne der Wüste, zum Teik 
weiße Engländer, gut genährte, aber stark verwildert aussehende Ge- 
stalten, denen die Wüste ihr Aussehen gegeben hatte, wurden auf Last- 
krastwagen abtransportiert. Türkische berittene Gendarmen sprengten 
durch die erregte Volksmenge. Das Gros der Engländer sollte nur 
wenige Kilometer entfernt sein. Die Fama hatte auch hier wie überall 
bei solchen panikartigen Ereignissen übertrieben. Einen eigenartigen 
Eindruck aber machte der Anblick einer alten arabischen Kupplerin, 
die inmitten der allgemeinen Panik sich eben aufmachte, mit einigen 
überaus notdürftig mit durchsichtigen farbigen Schleiern bekleideten Ba- 
jaderen dem angeblich herankommenden Feinde entgegenzugehen. Der 
Orient bot immer wieder merkwürdige Szenen und Augenblicksbilder, 
die anderen Kriegsschauplätzen fremd waren. 
Die Lage des in Jerusalem liegenden Teiles des Stabes war wenig; 
beneidenswert. Die Verbindung mit dem Oberbefehlshaber und dem
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.