Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

98 
scher Fleiß, fruchtbarer Acker, südliches Klima, die verjüngende Nähe des 
Meeres haben dies Paradies erzeugt, das selbst der Krieg und die 
Türken nicht vernichten tonnten. In der Stadt trifft man zahlreiche 
Juden: sie sind von den Türken wegen Spionageverdachtes aus den an 
der Palästina-Front liegenden Orten Gaza und Jaffa ausgewiesen und 
stehen hier unter Überwachung. 
Ich sitze am Abend beim Mondenschein auf den Felsblöcken, gegen 
die das ruhig atmende Meer leise anschlägt, eine milde balsamische Luft, 
dabei salzig und kernig herb, füllt die Lunge und läßt das Herz höher 
schlagen in Sehnsucht nach Frieden und Heimat. Die weite Fläche des 
Meeres ist tot. Kein Schiff, kein Segel, kein Fischerboot darf hinaus 
wegen der Spionagegefahr, denn die englischen Schiffe liegen nicht weit 
von hier, und die Möglichkeit einer Landung in der Bucht von Haifa- 
Akkon ist nicht ausgeschlossen. — Am nächsten Morgen ein Bad in den 
Wellen des Mittelmeeres, noch ehe die Sonne hoch ist mit ihren sengenden 
Strahlen, eine unbeschreibliche Erquickung nach dem Staub und den 
Mühsalen einer Autofahrt durch Syrien: danach das landesübliche Früh- 
stück: Schwarzbrot, Eier, Oliven, Datteln und Fruchtmuß aus Feigen 
und Weintrauben. 
Auf der Höhe des Karmel erkunde ich die Möglichkeit eines Ge- 
nefungsheimes für deutsche Offiziere und Mannschaften. Auf gut ge- 
haltenem Weg eile ich hinauf bis zur Westspitze, die weit in das Meer 
hinausragt. Welch unbeschreiblich schöne Fernsicht! Im Norden die 
halbkreisförmige Bucht von Akkon mit dem altertümlichen Stadtbild 
dieses letzten Zufluchtsortes der abendländischen Kreuzritter, dahinter 
die blauen Berge Galiläas Nach Süden das gebirgige Land Samaria 
und die flache Küste von Kanaan mit den meerumraufchten. alters- 
grauen Ruinen von Cäfarea. nach drei Seiten das stahlblaue Meer, das 
wie mit weißen Reitergeschwadern gegen die Küste anstürmt. Zu den 
Füßen aber des Karmel der Garten der deutschen Kolonie mit seinen 
großen geordneten Feldern, auf denen eben jetzt bei Beginn der Regen- 
zeit ein neuer Frühling emporschießt. 
Und alles das, während in der fernen Heimat sich die Erde zum 
Schlaf und Grauen des vierten Kriegswinters rüstet! Ein feiner Dust 
des Olivenholzes, des Thymians, der blühenden goldgelben MiMose, 
frischsprossender Krokus und die grünen Dolchspitzen der Schwertlilie, die 
goldenen Früchte der Orangen und Zitronen unter dem ragenden 
Llätterdach der Palmen mit ihren dunkelroten Datteln, all das über- 
spannt von der lasurblauen Glocke eines wolkenlosen Himmels — für«-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.