Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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gab, um dort das Wort des Herrn der kleinen christlichen Gemeinde zu 
verkünden. 
Am 25.Oktober hatte ich meine Arbeiten in Damaskus beendet und- 
konnte, diesmal für einen Tag mit der Hedschasbahn, die Weiterreise 
über Derad nach Afule antreten. Der Aufenthalt in dem engen Schwitz- 
kästen des Waggons zählt nicht zu den Genüssen; der Benzinkocher als 
unentbehrlicher Reisebegleiter trug, in Tätigkeit gesetzt, nicht dazu bei, 
die Stickluft in dem engen Abteil zu verbessern. Bis Derad durchläuft die 
Bahn die Landschaft Dscholan mit einer mittleren Höhenlage von 500 
bis 600 Metern. Dann biegt die Linie scharf nach Westen ab, um im Tat 
des Jarmuk hinunter dem Jordantal zuzustreben. War bis Derad die 
Luftwärme durchaus erträglich, so nahm sie von da an allmählich zu, 
um im Laufe der Nacht einer erdrückenden Schwüle Platz zu machen^ 
Der Jarmuk, der Hieromykes der alten Griechen, entspringt am Hauran 
und mündet in den Jordan dicht an dessen Ausfluß aus dem See Ge- 
nezareth. Der sehr wasserreiche Fluß strömt in einem tiefeingeschnittenen 
schluchtartigen Erosionstal dem Jordan zu und scheidet die Landschaft 
Dscholan, die alte Gaulonitis, von Adfchlun, dem Eilead der Bibel. Die 
steilen Uferwände des Jarmuktales sind von einem hohen romantischen, 
landschaftlichen Reiz. Die Eisenbahn, ein Werk deutscher Ingenieure, 
muß an einzelnen Stellen die Seitentäler mittels Viadukten, Tunnel und 
Felsentoren zu Hilfe nehmen, um dem gewaltigen Steilabfall der Tal- 
sohle gerecht zu werden. Derad hat eine Höhe von 529 Meter über 
dem Meere, die Sohle des Jordantales bei der Station Samach aber 
eine solche von 208 Meter unter dem Meeresspiegel; auf Verhältnis- 
mäßig kurzer Strecke von sechzig Kilometer sind also 737 Meter zu über- 
winden. Liegt Derad auf dem kühlen Hauran-Hochplateau, so weist 
das Jordantal am See Genezareth auch in der kühlen Jahreszeit sub- 
tropische Wärmegrade auf, die das Klima dort in der heißen Zeit den 
von Norden kommenden Reisenden geradezu als tropisch empfinden läßt. 
Wenige Kilometer von Samach berührt die Bahn die warmen Bäder 
von El Hammi, die schon im Altertum als die Bäder von Gadara be- 
kannt und berühmt waren. Einer der auf der syrischen Bahn nicht 
weiter auffallenden Defekte an der Maschine des Zuges bot erwünschte 
Gelegenheit, die Heilquellen zu besuchen, die unter starker Entwicklung 
von Schwefelwasserstoff mit 49° C Wärme aus kreisförmigen Erdtrich- 
tern emporsprudeln und ohne Frage für Haut- und rheumatische Leiden 
von großer Heilwirkung sind. Die noch heute vorhandenen Reste alt- 
römischer gewölbeartiger Bauten lassen erkennen, daß man im Altertum
	        
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