Volltext: Tannenberg [19] (Band 19/1927)

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Letzte Entschlüsse des Gen.Ob. v. Prittwitz. 
ins frühere Hauptquartier Bartenstein antrat. Trübe Gedanken er- 
füllten jeden beim Durchfahren der blühenden Ortschaften Ost- 
preußens, beim Anblick seiner stattlichen Gutshöfe und gepflegten 
Fluren; das alles follte nun feindlicher Willkür und Zerstörungswut 
preisgegeben werden? In solcher Stimmung hätte der Gedanke, es geht 
jetzt gegen die Narew-Armee, zu neuem Angriff, zu neuem Sieg, Wun- 
der gewirkt, aber es fand sich noch niemand, der ihn aussprach. Der 
Grundgedanke war vorläufig nur: Heraus aus der drohenden Um- 
klammerung. Die Darstellung, daß man schon beim Abbrechen der 
Gumbinner Schlacht oder unmittelbar darauf zielbewußt den künftigen 
Angriff gegen die russische Narew-Armee geplant habe, läßt sich nicht 
halten gegenüber den vorhandenen zahlreichen Aufzeichnungen aus 
diesen Tagen, die anderes berichten. 
Erst in Bartenstein hat sich im Laufe des 21. Aug. die Zuversicht 
des Oberkommandos gehoben, als günstigere Nachrichten kamen: Gen. 
v. S ch o l tz fühlte sich der Lage an der Südfront nach wie vor ge- 
wachsen. Die Russen hatten die Grenze hier noch nicht überschritten, der 
deutsche General aber hatte seine Kräfte schon in der Nacht so weit 
westwärts gezogen, daß der Feind sich kaum noch zwischen ihn und 
die Weichsel schieben konnte. Auch der Abmarsch von Gumbinnen schien 
geglückt zu sein; die Njemen-Armee folgte zunächst nicht einmal. Dazu 
gefeilte sich das Drängen der O.H.L. auf neuen Angriff. Als der Ordz.- 
Offz., Rittm. d. R. v. A m s b e r g, mittags eine Meldung über den guten 
Zustand und die zuversichtliche Stimmung der zurückmarschierenden 
Truppen des I. R.K. brachte, sagte der Genst.Chef Graf W a l d e r s e e : 
„Ja, wenn das so ist, dann können wir doch an die Offensive nach Süden 
denken." Das Ergebnis dieser Wendung in der Auffassung war der am 
Abend des 21.Aug. ausgegebene Armeebefehl, in dem es hieß: „Die 
Armee wird in Westpreußen nach dem rechten Flügel vereinigt, um 
gegen den feindlichen linken Flügel dieser neuen Kräfte (gemeint war 
die russische Narew-Armee) vorzugehen." Die Vereinigung der Armee 
war dabei auf das I. A.K. in der Linie Thorn—Allenstein gedacht. Am 
22. Aug. haben dann Gen. v. S ch o l tz und sein Genst.Chef Obst. 
Hell veranlaßt, daß die 3. Res.Div. nach Allenstein statt nach 
Deutsch-Eylau gefahren wurde, und ferner — im Zusammenwirken mit 
Gen. v. F r a n <? o t s und der O.H.L. —, daß auch die Ausladungen 
des I. A.K. näher an das XX. A.K., mit dem östlichen Flügel nach 
Deutsch-Eylau, verlegt wurden. Damit erst wurde aus der Vereinigung 
auf das I. A,K., also nach Westen, gegen die Weichsel zu, die Ver-
	        
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