Volltext: Tannenberg [19] (Band 19/1927)

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Rückblick: Streitfragen. 
Das Verfahren scheint einfach, und doch wird Ahnliches so selten 
vollbracht, — denn die Ausführung orfordert ein ungewöhnliches Maß 
von Führerkunst und Kühnheit. Gen. v. Hindenburg und Genm. 
Luden dorff, sein Genst.Ches. verfügten über beides. In der 
scharfen Zusammenfassung aller Kraft unÄ im un- 
beugsamen A n gr i ff s w i l l e n liegt ihr großes und 
unauslöschliches Verdienst um Tannenberg vor 
allem begründe t. 
Man hat gesagt, die Grundlagen für die Schlacht seien schon vom 
Oberkommando P r i t t w i tz geschaffen worden; als Gen. v. H i n d e n - 
bürg den Oberbefehl übernahm, habe er nur noch: „Ohne Tritt — 
Marsch!" kommandiert1). Wer die vorstehende Darstellung gelesen hat, 
dem wird die UnHaltbarkeit solcher Auffassung nicht zweifelhaft sein. 
Gerade bei Tannenberg ist vom Armee-Oberkommando, wie die täglich 
zahlreich erlassenen Befehle und Anordnungen zeigen, der dauernd 
wechselnden Lage entsprechend im wahrsten Sinne des Wortes „geführt" 
worden. Seine Anordnungen vor und während der Schlacht und das 
stete Fühlunghalten mit den Unterbefehlshabern find — trotz gelegent- 
licher Schwankungen — ein Musterbeispiel zielbewußter und fach- 
gemäßer Befehlsführung im Bewegungskriege. Es war aber nicht 
immer leicht, den eigenen Willen in die Tat umzusetzen. Es war 
„ein Arbeiten mit Menschen von verschiedener Charakterstärke und mit 
eigenen Gedanken""). Ob das Oberkommando Prittwitz die vorkommen- 
den Schwierigkeiten „so schnell beseitigt hätte, wie Gen. Ludendorff 
dies tat, und ob es die Nervenbelastung der nächsten Tage durch die 
Frage: Wird Rennenkampf marschieren oder nicht? ertragen hätte", ist 
auch dem damaligen Obstl. Hoffmann zweifelhafte), der berufen 
war, bei beiden Oberkommandos an entscheidender Stelle mitzuwirken. 
Mit Gen. v. Hindenburg und Genm. Ludendorff kam das 
„Glück" — so urteilt heute Glt. G r o s n e r4) —. „Der Wille und das 
Ungestüm der Jugend, gepaart mit der Weisheit und Ruhe des Alters 
hielten ihren Einzug beim Oberkommando." Zur Erklärung des un- 
vergleichlichen Sieges führt er weiter aus: „War es «Kriegsglück", von 
*) Es sind teilweise noch viel weiter gehende Einwände gegen das Verdienst 
der obersten Führung um Tannenberg erhoben worden; auf sie einzugehen, 
lohnt sich nicht. 
2) Ludendorff, a. a. O. 
3) „Der Krieg der versäumten Gelegenheiten". 
4) „Das Testament des Grafen Schlieffen".
	        
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