Volltext: Tannenberg [19] (Band 19/1927)

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Rückblick: „Nebel der Ungewißheit". 
wundert; viele, auch er, hatten es angenommen." — Daß der Entschluß 
zur Schlacht aus einer Lage entstanden ist, die man wahrhaftig nicht 
zielbewußt herbeigeführt oder vorbereitet hatte, dürfte aus «der Dar- 
stellung im Anfang dieses Buches zur Genüge erwiesen sein. Der Ent- 
schluß „baute sich" — wie Gen. Ludendorff weiter berichtet — „auf 
der Ansicht über die Schwerfälligkeit der russischen Führung auf; 
er war tief begründet durch die Aufgabe, trotz eigener Unterlegenheit 
Zu siegen, aber doch von ungeheurer Schwere . . . Der Gedanke über 
die Führung der Schlacht formte sich in seinen Einzelheiten allmählich 
in der Zeit vom 24.bis 26. Aug. Die große Frage war, ob es tat- 
sächlich möglich sein werde, das I. R.K. und das XVII. A.K. von der 
Armee Rennenkampf Wegzuführen, um sie mit den anderen Teilen der 
8. Armee zu einem Schlage gegen die Narew-Armee zu vereinigen ... 
Die Sorgen, mit denen ich während dieser ganzen Tage aus die Njemen- 
Armee sah, kannten nur wenige." 
Heute, wo wir wissen, wie alles gekommen ist, ist es nicht einfach, 
sich ein zutreffendes Bild zu machen von der ganzen Unsicherheit 
der damaligen Lage. Wir kommen allzu leicht dazu, die be- 
rechtigten ernsten Sorgen zu unterschätzen» die damals wie ein Alp auf 
der deutschen Führung gelastet haben; sie war ja — so heißt es da und 
dort — durch aufgefangene Funksprüche, Lufterkundung und Truppen- 
Meldungen dauernd aufs genauste unterrichtet über Stärke, Verbleib 
und gelegentlich sogar über die Absichten des Gegners! — sie wußte ja 
täglich, daß Rennenkampf noch weit ab war und einstweilen gar nicht 
eingreifen konnte! — Solche Auffassung wird den Schwierigkeiten der 
Lage nicht gerecht; so eindeutig waren die Nachrichten, die vorlagen, 
keineswegs, und so manches, was damals, besonders am Fernsprecher 
oder mündlich, gemeldet oder verhandelt wurde, ist für die Überlieferung 
verlorengegangen. „Der Laie glaubt zu leicht, im Kriege wäre alles nur 
ein Rechenexempel mit bestimmten Größen. Es ist alles andere, nur das 
nicht. Es ist ein gegenseitiges Abringen gewaltiger, unbekannter phy¬ 
sischer und seelischer Kräste, und zwar um so schwieriger, je größer die 
eigene Unterlegenheit ist"1). Der Feldherr, der sich seiner Verantwor- 
tung bewußt ist, darf nicht anders, als in Rechnung stellen, daß der 
Gegner richtig Handeln werde; er darf nicht mehr wagen, als die 
eines Ostkorps rein zufällig eine Kriegslage in derselben Gegend durchgespielt 
worden war. Aufzeichnungen hierüber hatte sich — wie wir aus russischen 
Quellen wissen — der russische Spionagedienst zu verschaffen gewußt. 
Ludendorff, a. a. O.
	        
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