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Die Argonnen 1814 und 1870.
preußischen Hauptarmee über Grandpro, während eine hessische Armee-
Abteilung östlich der Argonnen sich nicht in den Wald hineinwagte, so
daß die Pässe bei les Jslettes und le Four de Paris in französischer
Hand blieben und Dumouriez in seinem Rücken gedeckt wurde. Am
20. September kam es zu der berühmten vierzehnstündigen Kanonade
von Valmy, bei der, wie Goethe erzählt, auf beiden Seiten „etwa
10 000 Granaten verschwendet wurden." Zu einem Angriff konnte sich
derHerzogvonBraunfchweig nicht aufraffen, und so brach der
Versuch, das legitime Königtum in Frankreich wieder herzustellen, zu-
sammen. G o e t h e, der als Begleiter des Herzogs vonWeimar
diese „Kampagne in Frankreich" mit erlebte, sprach am Abend die pro-
phetischen Worte aus: „Von hier und heut geht eine neue Epoche der
Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabeigewesen."
Das traurige Ende dieses Feldzuges ist bekannt. Die Gefährdung
der rückwärtigen Verbindungen, der bei Tag und Nacht strömende
Regen, der die Wege in der Champagne und den Argonnen unpassierbar
machte, sowie der Mangel an Ortschaften für die Unterkunft der Truppen
veranlaßten den Herzog von Braunschweig zum Rückzug. Am
7. Oktober überschritten die Verbündeten die rettende Maas bei Stenay,
Dun und Sivry.
Im Jahre 1814 gab das schnelle Vordringen der Verbündeten
Napoleon I. keine Gelegenheit zu strategischer Ausnutzung der
Argonnen. Nur Freischärlerkämpfe spielten sich im Walde ab, worauf
vielleicht diese oder jene Ortsbezeichnung, wie Moulin de l'homme mort
(Totemann-Mühle), la fille morte, zurückzuführen fein mag.
Auch 1870 spielten die Argonnen keine ausschlaggebende Rolle. Bei
dem Rechtsabmarsch der Maas- und 3. Armee auf Sedan am 28. August
wurden zwar die Straße Triaucourt—les Jslettes—Vienne le ChÄteau
und die Straße Neuvilly—Ste. Msnehould benutzt, aber ohne Störung
durch den Feind. Dann wurden die Argonnen schnell Etappengebiet.
Vom 2S. zum 30. September lag das Große Hauptquartier in Grandprö.
In demselben Hause, in dem einst der leichtlebige, sorglose Dumouriez
mit seinen nicht weniger lebensdurstigen Revolutionsoffizieren rauschende
Feste gefeiert hatte, wohnten jetzt der ehrwürdige alte König
Wilhelm I. und der große Schlachtendenker Moltke. Wandel der
Zeiten I
Dann versank der Argonnerwald wieder in seine majestätische Ruhe.
Vierundvierzig Friedensjahre gingen über ihn hin. In seinem Innern
ertönte nur die Axt des Holzfällers, das Hämmern des Spechts, der