Volltext: Loretto [17] (Band 17/1927)

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Aber Beaumont-Schöneberg hat auch nicht mehr allzuviel mit 
seinem klangvollen Namen zu tun, denn weder von einem Berg noch von 
viel Schönheit kann in diesem von den gefräßigen Fängen der Industrie 
bereits erfaßten und mißgestalteten Gelände die Rede sein. Einzig der 
Blick bis hinüber zu den Waldhängen bei Vimy und in die Niederungen 
am La BaffSe-Kanal könnte davon eine Ausnahme machen. Aber den 
verbarg mißgünstig der Nebel. 
Besagtes Schöneberg barst von Menschen im wahren Sinne des 
Wortes. Nicht genug damit, daß seine Häuser angefüllt waren mit 
Feldgrauen bis an den Rand der Dächer . . ., daß feine Strohschober 
und Speicher wimmelten von kreuz und quer durcheinandergelagerten, 
mühsam eine Schlafstätte ergatternden Infanteristen . . . seine Ställe 
widerhallten von dem Getrampel unruhig gegeneinanderdrängender 
Pferde . . . seine Straßen sich bedeckten mit Gewehrpyramiden, Ge- 
päckwagen, dampfenden Feldküchen und Protzen . . . nein, unfähig, 
den Reichtum in sich zu bergen, quoll es nach allen Seiten hinaus in 
die Wiesen und Felder, ein gewaltiges Lager für Menschen und Pferde, 
eine riesige Ansammlung männlicher und kriegerischer Energie, ein 
schier unerschöpfliches Reservoir siegverheißender Kräfte . . . chaotisch 
erscheinend in seiner wahllos ausgebreiteten Masse, gehalten aber und 
geleitet von dem unsichtbaren Band straffster Befehlsgliederung . . . ge- 
trennt und in tausend Einzelteile aufgelöst durch den fröstelnden Nebel, 
gewärtig aber, durch ein paar hingekritzelte Worte, ein paar Funk- 
sprüche, ein paar von gehetzten Meldereitern überbrachte Zettel eisen- 
gegliedert dort eingesetzt zu werden, wo die Schlacht danach verlangte. 
Verlangte sie schon danach? Waren die Meldereiter schon da auf 
gehetzten Pferden? Spielten die Funken bereits über den zusammen- 
geballten Massen . . . klimperten die Morseapparate ihre geheimnis- 
vollen Takte? 
Während von Douai her Kolonnen und Bagagen im dichten Nebel 
auf das Dorf zustrebten, lösten sich aus dem westlichen Ortsrande schon 
die langen Züge der Infanterie und der Artillerie. Schweigend, ver- 
droffen vorwärtsrückend, der Last des Gepäcks noch nicht wieder ge- 
wohnt, den nicht gerade übermäßig starken und belebenden Feldküchen- 
kaffee als einzigen Trost im Magen und noch ein wenig harten Zwieback 
zwischen den Zähnen zermahlend (sofern nicht bereits der morgendliche 
Priem als ein willkommenerer Begleiter erschien) . . . gewannen sie 
die Landstraße, um dort zu warten, bis ihr Platz in der Marschkolonne 
sich auftun würde.
	        
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