Volltext: Loretto [17] (Band 17/1927)

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zuwagen. Die Artillerie kann man nicht benachrichtigen, sie würde ihr 
Sperrfeuer zu früh verschießen und nachher im entscheidenden Augen- 
blick fehlen. Zudem ist einige Verwirrung bei den selbst unter schwerem 
Feuer liegenden Batterien, die nicht wissen, ob der Franzose nun vor 
einer halben Stunde angegriffen hat oder nicht, und was eigentlich 
vorn los ist. Die Melder können nicht durch das Höllenfeuer, und im 
Augenblick des Geschehens ist alles immer viel verwirrter und ver- 
worrener als bei der nachträglichen Betrachtung. 
Von einer Beobachtungsstelle aus hat man gesehen, daß aus dem 
Walde von Bouvigny dichte französische Infanteriekolonnen in die 
vordere Linie vorrücken. Sie halten es nicht mehr für nötig, sich zu 
verbergen oder auch nur sich aus das Gelände zu verteilen. Sie sind 
der Meinung, daß es für sie nur noch gilt, durch ein wohlgeordnetes 
Manöver die Früchte des tagelangen Feuers zu ernten. Die Beobachter 
sehen es, aber das Telephon ist längst zerstört, mit dem sie ihre Batterien 
auf den fetten Braten hetzen könnten. Alles vollzieht sich, ohne daß 
man noch eingreifen könnte. Jede geschlossene Wirkungsmöglichkeit ist 
durch das Trommelfeuer zerschlagen . . . 
Um neun Uhr endlich löst sich die Erstarrung der Schlacht. 
Die nächsten fünfzehn Minuten verstreichen in einer unheimlichen 
Geschwindigkeit. Das französische Artilleriefeuer läßt von den vorderen 
Stellungen ab und wirft sich auf die rückwärtigen Verbindungen, von 
Geländestrich zu Geländestrich fortschreitend. Irgendwo südlich Carency 
krachen die Explosionen schwerer Minensprengungen, aber ihr Geräusch 
dringt nicht allzuweit. Überhaupt tritt für das Ohr kaum eine Ver- 
änderung ein. Höchstens daß hier und da einige Maschinengewehre 
knattern und ein paar Handgranaten aufbrüllen. An manchen Stellen 
steigen auch Leuchtkugeln auf. Dort ruft die Infanterie nach Sperrfeuer. 
Wenn auch die deutschen Batterien einsetzen: an vielen Stellen sind die 
französischen Sturmkolonnen schon über die deutsche Sperrfeuerzone 
hinweg. Ja, sie befinden sich schon in dichten Mengen zwischen der ersten 
und der zweiten deutschen Linie . . . 
Und die erste Linie? Es verlohnt der Mühe kaum. Fast ohne 
Gegenwehr schreiten die Angreifer zögernd durch diese Leichenkammer. 
Erst weiter rückwärts stoßen sie auf vereinzelten Widerstand. Automa^ 
tisch treten die Reserven an und begegnen den feindlichen Sturmwellen. 
Der Kampf löst sich auf in Einzelaktionen an allen Ecken und Enden. 
Es gibt keinen Zusammenhang mehr, keine einheitliche Befehlsführung. 
Die Artillerie schießt, so gut sie sehen kann . . .
	        
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