108
Grenadiere. Dies Regiment selbst bleibt in seinen alten Stellungen von
der Lorettokapelle aus über die Kanzel bis in die Grabenstücke nord-
Westlich Ablain. Die Besatzung der Kanzel bilden zwei Kompagnien.
Leibgrenadierregiment 109, nun im rechten Winkel zum Schwester-
regiment von den Gräben nordwestlich Ablain in südlicher Richtung bis
dicht vor Carency stehend, war mit dem Tausch wohl zufrieden. Hier
fehlten die langen, feuerreichen Annäherungswege durch die Schluchten
und durch die Schlammulde. Hier fehlte auch der fast stündliche Druck
des Feindes von der Höhe herab in die Niederung. Hier fehlte die
ständige Gereiztheit und Überspanntheit des verkrampften Grabenkrieges,
wie sie die Stellungen auf den Hängen und auf der Höhe kennzeichneten.
Das feindliche Artilleriefeuer verschonte hier die Gräben in sparsamer Be-
rechnung, wohl wissend, daß dieser Stellungswinkel sowieso verloren,
wenn nur der Stoß von der Höhe hinab auf Ablain und Souchez gelang.
Dafür gab es freilich eine ganze Reihe anderer Eigentümlichkeiten.
Niemals hat es auf den stellungsbeflissenen Frontkrieger einen er-
munternden Eindruck gemacht, wenn er des Nachts an dem tastenden
Aufflackern der Leuchtkugeln jedesmal aufs neue die Feststellung machen
muß, daß er eigentlich ständig in einer Mausefalle sitzt. Zumal wenn
diese trockene Feststellung am Tage durch die Lage des feindlichen Feuers
so nachdrücklich erläutert wird. Nicht nur voraus in den gegenüberver-
laufenden Gräben leuchteten die bengalischen Feuer des Stellungs-
kampfes, sondern ebenso rechts in der Flanke, wo der linke Flügel der
110er lag, an die Höhe geklammert, und — besonders peinlich — fast
im Rücken von der Kanzelstellung und der Kapellenumgebung herab.
Es genügte in der Tat, daß der Franzose eines Morgens die paar hundert
Meter von der Kapelle herab nach Ablain hinunterlief, um die Mause-
falle regelrecht zu schließen. Tagsüber gab es jede Art von Feuer, die
in der Felddienstordnung und den Schießvorschriften enthalten ist. Fron-
talfeuer, Flankenfeuer, Rückenfeuer . . . horizontales und überhöhtes
Feuer . . . direktes und indirektes Feuer . . . Granaten- und Schrapnell-
feuer . . . Infanterie-, Maschinengewehr-, Revolverkanonen- und Minen-
werferfeuer . . . Salven-, Gruppen- und Einzelfeuer . . . Flachfeuer
und Steilfeuer. Kurzum, nichts fehlte auf bem täglichen Programm-
zettel, um den Aufenthalt in der Stellung abwechslungsreich zu gestalten.
Zwei feindliche Schießinstrumente machten sich besonders unange-
nehm bemerkbar. Eine 3 cm Revolverkanone, die, irgendwo auf dem
Berghang in der rechten Flanke aufgestellt, mit einer erstaunlichen Un¬