Volltext: Schicksalswende [35] (Band 35/1930)

Völliges Gelingen der Überraschung am 18. Juli. 
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zum 15. Juli tatsächlich mit größter Bestimmtheit mit einer Offensive ge- 
rechnet hatte*), dann aber, in der Überzeugung, daß der Gegner nun- 
mehr durch den eigenen Stoß beiderseits Reims gebunden fei, die Ge- 
fahr eines feindlichen Angriffs für völlig überwunden hielt. Es muß 
offen zugegeben werden, daß hierin ein schwerer Fehler lag, der indessen 
psychologisch durchaus verständlich ist, besonders wenn man die große 
seelische Spannung berücksichtigt, in der sich Truppe und Stäbe bis zum 
15. befunden hatten. 
Von den übrigen Gründen, welche die Überraschung begünstigten, 
sei hier lediglich auf das in diesem Umfange noch nicht bekannte Auf- 
treten neuartiger Tanks eingegangen. Panzerkraftwagen waren an und 
für sich keineswegs eine Neuerscheinung, auch ihr Einsatz in größeren 
Mengen war seit der „Tankschlacht bei Cambrai" im November 1617**) 
bereits bekannt. Immerhin aber hatte man ihr Auftreten in derartigen 
Massen, wie es am 18. Juli der Fall war, noch nicht erlebt, die Abwehr 
war daher auch nicht darauf eingestellt. Zudem setzten die Franzosen 
hier zum ersten Male kleine, niedrige und schnellfahrende Tanks ein, 
welche eine Mafchinengewehrwirkung über das hochstehende Getreide 
hinweg hatten, von den deutschen M.Gs. aber nur zu fassen waren, wenn 
diese auf besonderen Auflagegestellen standen. Die Menge der vorwärts- 
rollenden Sturmwagen hat auf den einzelnen Infanteristen vielfach ver- 
wirrend gewirkt, er hielt sich den feuerspeienden, schnell beweglichen Un- 
getümen gegenüber für verlassen und verlor die Nerven. Vielleicht hat 
gerade die Tatsache, daß über Tanks und ihre Abwehr reichlich viel in- 
struiert und geschrieben worden war, zu dieser stellenweise zutage treten- 
ten Panik nicht unerheblich beigetragen: die Panzerwagen wurden für 
schlimmer und gefährlicher gehalten, als sie es tatsächlich waren. Jeden- 
falls hat sich oftmals die gleiche Truppe, die am 18. Juli vom „Tank- 
schrecken" erfaßt worden war, während der nächsten Tage ihrer energisch 
zu erwehren gewußt. 
Gibt somit allein schon das völlige Gelingen der Überraschung eine 
weitgehende Erklärung für den Anfangserfolg des Gegners, fo kommen 
doch tatsächlich noch zahlreiche andere Gründe hinzu. 
Ein Blick auf die Lagenkarts vom Morgen des 18. Juli läßt den 
Eindruck entstehen, daß der Frontabschnitt zwischen Soissons und CHS.- 
*) Mit einem Angriff derartigen Umfangs, wie er am 18. Juli tatsächlich 
stattfand, hat man allerdings auf deutscher Seite auch bis zum 13. Juli nicht 
gerechnet. 
**) Vgl. Band 31 der Schriftfolge: „Die Tankschlacht bei Cambrai 1317".
	        
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