Volltext: Ypern 1914 [10] (Band 10/1925)

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abheben von der Fläche und sich nur durch die schwarzen Schleppen ver- 
raten, die sie träge hinter sich herzerren? 
Schau dich um, jauchzender Vogel! 
Längst hat dich der andere erspäht. Er ist kleiner als du und viel 
schneller. Er klettert steil in die Höhe, um über dich zu gelangen. Er 
führt nichts Gutes im Schilde, sonst würde er nicht bald rechts, bald links 
schwenken, um dich nicht zu überholen und immer hoch in deinem Rücken 
zu bleiben . . . 
Die vier Käfer da unten stieben auseinander und zerstreuen sich 
über die Fläche. Suchen sie etwas oder fürchten sie, daß du sie angreifst? 
Jetzt! Jetzt geschieht es! Wahre dich! 
Der kleine behende Vogel senkt plötzlich den Schnabel tief und stößt 
wie ein Sperber auf den Rücken des großen hinab. Ein helles Knattern 
erklingt als fein Kampfruf. Hageldicht pfeift es durch die Luft, und feine 
weiße Striche spreizen sich von der Spitze seines abwärtsrasenden Leibes, 
als spucke er Giftstrahlen gegen den Feind. 
Der große Vogel hat just in diesem Augenblick einen Halbkreis be- 
gönnen, um gerade über das ängstliche Gewirr der Käser zu kommen. 
Da prasselt das Knattern gegen ihn an. Verdutzt schwankt er eine 
Sekunde lang, als wolle er die Pfeile aus seinem Gefieder schütteln. 
Dann, jäh erkennend, beugt sich sein Kops, und er fällt beinahe senkrecht 
hinab aus die Käfer zu. Wie pfeift der Wind durch die Drähte! Fast 
scheint es, daß die Flügel den ungeheuren Druck nicht halten können und 
brechen wollen . . . 
Schon bäumt sich der Sperber in jähem Triumph auf und zieht einen 
engen Kreis, die Augen starr und blutgierig auf den Hinabstürzenden 
gerichtet. Schon laufen die Käfer dicht zusammen, als fürchteten sie, der 
todwunde Riefe werde sie im Fall begraben. 
Da überbrüllt der tosende Gesang des Stürzenden das ganze Feld. 
Wie mit einem Ruck hebt sich der Kopf, die Flügel scheinen sich zu breiten. 
Zornbebend hält er Ausschau nach dem Sperber, den Blick abgekehrt von 
den verdutzt hockenden Käfern. Hoch oben, im grellen Sonnenlicht, windet 
sich in kleinen Kreisen der Räuber. Jetzt, wie er den Riesen neu erwachen 
sieht, stößt er abermals mit wild klatschendem Geschrei und pfeifender 
Wut herab, und sein Schnabel speit in rasender Folge Schlag auf Schlag 
und Blitz auf Blitz. Der ganze Himmel scheint zu erbeben unter dem 
Lärm. . . 
Schwankt er nicht, der große Vogel? Geht nicht ein Beben durch 
seinen grauen Leib? Beginnen die Flügel nicht zu erzittern und unmerk-
	        
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