Volltext: Ypern 1914 [10] (Band 10/1925)

181 
sich heraus, daß im Küstenabschnitt schon alles zurückgegangen war. Es 
bestand keinerlei Verbindung mehr mit dem Gegner. Sofort wurde 
angeordnet, daß die dort stehenden Verbände auf den Südflügel des 
IH. Reservekorps rücken sollten, weil im Norden ihre Aufgabe hinfällig 
geworden. Von Nieuport bis nach Ramscappelle zogen sich die Truppen 
im Schutz der Dunkelheit auf wenige vorhandene trockene Stellen zurück. 
Auch hier keine Fühlung mehr mit dem Gegner. Die 5. Reserve-Division 
war die einzige, die noch einigermaßen trockenen Boden unter den Füßen 
hatte. Aber auch in ihrem Rücken schloß das Meer langsam die Zange. 
Die 4.Ersatz-Division war schon am Nachmittag auf trockene Gelände- 
streifen gewichen. Die 6. Reserve-Division lag noch mit einzelnen Trupps 
in Pervyse und am Bahndamm, aber der Divisionsstab sah sich außer- 
stände, diese schwachen Postierungen ohne Verbindung mit ihren Reserven 
jenseits der Wasserfläche zu belassen. 
* * * 
Eine Stunde nach Mitternacht erging vom Generalkommando aus 
an sämtliche Divisionen der Befehl, soweit zurückzuweichen, wie es der 
Stand des Wassers erfordere. Der Befehl teilte den Truppen mit, daß 
es sich nicht um Grundwasser handele, sondern daß der König der Belgier 
auf Drängen des englischen Oberkommandierenden sich entschlossen habe, 
durch Sprengung der großen Bserschleuse bei Nieuport weite Strecken 
seines Landes unter Wasser zu setzen . . . 
* , * 
* 
Noch in der Nacht vollzog sich der Rückzug, unbemerkt vom Feinde, 
unter Mitnahme aller Verwundeten und Geschütze . . . 
Die Kompagnien waren zu sehr überanstrengt, als daß ihnen die 
ganze Schwere dieses Schlages zum Bewußtsein gekommen wäre. Sie 
wateten durch das Wasser, ohne einen Blick zurückzuwerfen auf dies unter 
der Sintflut versinkende Feld des Grauens. Die barmherzige Nacht 
erfüllte alles mit ihrem dunklen Schleier und verbarg auch die Arme der 
Toten, die aus dem Wasser starrten. Der Gegner feuerte kaum. Die erste 
ruhige Nacht . . . 
❖ 
Am trüben Morgen des 31. Oktober sammelte sich die 5.Reserve- 
Division nördlich der Straße Mannekensvere—St. Pierre Cappelle. Hier 
hatte sie auch am 19. Oktober gestanden. Aber wer erinnerte sich 
dessen noch?
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.