Volltext: Der josefinische Klostersturm im Land ob der Enns

442 
Leopold II. 
Errichtung 
theologischer 
Lehranstalten 
in Diözesen 
und Klöstern 
Klosterstudien 
Diözesan- 
lehrnnstalten 
Bedenken des 
Bischofs 
aus dem 13. Psalm, der an das Tor des Generalseminars gleich nach dessen Entstehen 
sich von einer „witzigen Feder" geschrieben fand: CorrUptJ sUnt et aboMJna- 
bJLes faCtJ sUnt Jn stUDJJs sUJs. 
Durch die kaiserliche Entschließung dd. 4. Juli 1790 wurde die Schlie߬ 
ung der Generalseminare mit Ende des laufenden Schuljahres angeordnet. 
Die zum Religionsfond bei Errichtung der Generalseminare eingezogenen 
Fonde und Stiftungen der ehemaligen bischöflichen Alumnate und Priester¬ 
häuser sollten den Bischöfen zurückgestellt werden. Jedem Orden und Kloster 
wurde gestattet eigene theologische Lehranstalten zu errichten. Die Lehrer 
mußten auf einer erbländischen Universität oder Lyzeum aus den sämtlichen 
vorgeschriebenen Lehrgegenständen geprüft und tauglich erkannt worden sein, 
die Kleriker mußten nach geendigtem theologischen Lehrgang zur Prüfung auf 
die nächst gelegene Universität oder Lyzeum gestellt werden. Nur die an erb¬ 
ländischen Universitäten vorgeschriebenen Vorlesebücher durften gebraucht werden. 
Die philosophischen Studien waren an den Klosterschulen mit Ausnahme jener 
der Piaristen nicht erlaubt, da ja ohnedies die angehenden Klostergeistlichen 
nicht vor 18 Jahren eingekleidet werden durften und nicht vor 25 Jahren 
Gelübde ablegen konnten. 
Unter den nämlichen Modalitäten war auch den Bischöfen gestattet mit 
Beginn des kommenden Schuljahres eigene Seminarien, theologische Anstalten 
zu errichten. Bis diese oder die klösterlichen Hausstudien eröffnet werden 
konnten, mußten die Kandidaten des Welt- und Regularklerus die theo¬ 
logischen Studien an Universitäten oder Lyzeen frequentieren. 
In Bischof Gall erregte die kaiserliche Verordnung schwere Bedenken : er bringt 
sie zum Ausdruck in einem Schreiben dd. Linz 17. Juli 1790: Für das kommende 
Studienjahr treten 16 Praktiker in das Alumnat (Priesterhaus), 48 kommen aus dem 
Generalseminar zur Fortsetzung der Studien. Jn Linz ist das theologische Studium auf¬ 
gehoben, sie nach Wien zu schicken ist unmöglich, sie könnten dort mit dem Handstipendium 
nicht auskommen, ohne sich durch Instruktionen einen Nebenverdienst und durch Ein¬ 
quartierung bei den geringsten Leuten Ersparnisse zu verschaffen. Studien und Sitten 
würden dabei die ärgste Gefahr laufen; die angehenden Geistlichen würden in Jugend 
und Freiheit die Gasse treten, den Prater, Augarten, Ausperl re. besuchen, sich auf 
studentische Art in Klassenstuben, Wein- und Bierhäusern lagern und da viele Stunden 
verlieren; sie würden beständig der Gefahr ausgesetzt sein in Bekanntschaften und Lieb¬ 
schaften mit Weibsleuten zu geraten, durch den Anlauf und Umgang liederlicher Ge¬ 
sellen und durch Lektüre verführt, auch im Glauben irre werden und das Ende würde 
sein, daß mancher bei der folgenden Prüfung verworfen würde, manche von ihnen ihren 
Sinn in Ansehung des Berufes ändern und austreten würden: dann wären die Stipen¬ 
dien umsonst gegeben und die Subjekte für die Diözese verloren oder doch viele nicht 
tauglich; denn an Freiheit, Laune, Leidenschaft gewohnt, würden sie sich schwerlich in die 
ländliche Unschuld und Einfalt, in die Einschränkung und Einsamkeit schicken, die auf 
den Dorfpfarren sie erwartet. 
Der Bischof fürchtet, daß die Stifte durch neues Ansehen und bessere Mittelsich 
in den Stand gesetzt sehen werden dem Weltpriesterstand alle Subjekte abzugewinnen. 
Die Kleriker in den Klöstern werden aber nicht zur Seelsorge herangebildet werden, 
vielmehr im Mönchsgeist trotz den vorgeschriebenen Lehrbüchern. 
Die wenigsten Klöster werden imstande sein Studienanstalten bei sich zu errichten.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.