Volltext: Der josefinische Klostersturm im Land ob der Enns

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kennen, vor einen Pater Guardian oder Prior hintreten zu sollen zum Empfang 
einer Rüge und Belehrung. Die Angeberei schoß in die Halme. Die Denunzianten 
verkannten den Kaiser! Der regelmäßige Ausgang der Denunziation, 
die Korrektion des Angebers, war ebenso ehrenvoll für die Klöster als für 
den Kaiser. Welche Enttäuschung, welche Beschämung, wenn die Regierung die 
Denunzianten als „Tumultuanten" in die solchen „gewidmeten Behältnisse“, 
an den ihnen bestimmten Verwahrungsort bringen mußte. 
So erwünscht der Erfolg oder vielmehr der Mißerfolg der Denunziationen 
regelmäßig den Klöstern wurde, so peinlich mußte ihnen die nächste Folge der 
Angebereien sein, zumal wenn solemne Wichtigtuerei untergeordneter Amtspersonen, das 
Imposante wiederholter Kommissionen die unerquickliche Sache zu wuchtiger Bedeutung 
aufbauschten. Ein Beispiel: 
Ein junger Priester aus dem Karmeliterkloster zu Linz fuhr heimlich im 
Dezember 1783 mit der Post nach Wien und brachte seine Klagen beim Kaiser vor. Er 
und ein anderer Pater, der mit ihm gemeinschaftliche Sache machte, wurden zur Landes- 
stelle berufen, auch P. Prior. Am 12. Dezember während des Mittagessens der Mönche 
kamen Eybel, der Dechant von Linz und zwei Ärzte; der Spieß wendete sich gegen den 
Denunzianten. Am 2. Jänner 1784 kam dieselbe Kommission wegen neuerlicher 
Verwirrung, die der Unruhestifter angerichtet hatte; er und sein Genosse wurden in ihre 
Zellen zur Korrektion verwiesen; der Genosse leistete Abbitte. Am 16. Februar erschien 
Eybel an der Spitze der Klosteroberen vor dem Korrigenden und Eybel kündete ihm 
das Urteil ex mente imperatoris an: er muß noch drei Tage in der Zelle bei Wasser 
und Brot fasten, vom Beichthören bleibt er suspendiert. Da aber der Unverbesserliche 
neue tricas et disturbia machte, kam Eybel am 27. März 1784 mit zwei Ärzten und 
brachte ihn als einen geistig Gestörten zu den Barmherzigen Brüdern. Am 30. März 
mittags kam Eybel allein mit einem Schreiben und eröffnete vor den versammelten 
Patres dem complici in crimine publico turbationis, daß er als scandalosus 
sich eifrig bessern solle, der Kaiser wolle, daß so das gegebene Ärgernis vergessen gemacht 
werde. Dasselbe ließ Eybel am gleichen Tag dem bei den Barmherzigen Brüdern 
Internierten verlesen. Am 15. Juli wurde dieser wieder in den Konvent zurückgebracht. 
Der blamable Ausgang der Denunziationen mußte die untergeordneten 
Stellen behutsamer machen, zu den genauesten Voruntersuchungen veranlassen, 
daß nicht die Majestät des Kaisers durch die Vertraulichkeit, mit der sich 
erbärmliche Subjekte an ihn herandrängten, herabgesetzt werde. 
Wie notwendig die größte Vorsicht den Beamten gewesen wäre, zeigt eine etwas 
possierliche Geschichte (aus der Kremsmünsterer Chronik). Ein Seifensiederssohn von 
Kremsmünster namens Paumann wurde Einsiedler, zuerst in Grünau, dann in Adlwang. 
In seinem Kopf heckte er mannigfache Projekte über Klosterreform aus. Durch 
besondere Stiftsgnade durfte er seine braune (Einsiedler-) Kutte mit dem schwarzen 
Habit des Benediktinerordens vertauschen, er wurde Laienbruder in Kremsmünster und 
Fr. Oswald genannt. Dieser fade Projektenschmied schickte insgeheim eine Schrift an den 
Kaiser, worin er als eine sichere Wahrheit angab, daß in einem eine halbe Stunde vom Stift 
entfernten Schacherteich mit Stiftsgeldern gefüllte Fässer versenkt worden seien, mit dem 
Beisatz, daß, wenn er die höchste Gnade erhalten könnte mit dem Kaiser selbst zu sprechen, er 
ihm noch andere Geheimnisse entdecken würde. Wirklich kam ein Schreiben von Eybel 
an den Pfarrer zu Ried P. Rudolf Graser (den ärgsten Denunzianten wider das Stift) 
mit dem Auftrag, daß er den Frater Oswald heimlich vom Stift abhole und nach Wels 
liefere, wo ihn Eybel übernehmen werde. Und so geschah es an einem späten Abend. 
Niemand im Stift wußte, wohin der Oswald so eilig verschwunden sei.
	        
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