Volltext: Der josefinische Klostersturm im Land ob der Enns

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Durch Dekret der Landesregierung vom 12. September wurde dem Stift 
das kaiserliche Reskript vom 3. September mitgeteilt, daß über die beiden 
Gesuche der Kremsmünsterer Geistlichen und Bürger Bericht abgefordert und 
verordnet worden sei, daß bis dahin die Schulen in Kremsmünster und die 
adelige Akademie in allen ihren Teilen sollen fortgeführt werden. 
Die Schülerzahl nahm jedoch sehr ab. Dazu trug auch viel bei, daß die 
Einhebung eines Schulgeldes anbefohlen wurde.*) 
35. Tumultuanten. 
Im März 1783 wurde eine Untersuchung der Klosterkerker durch staatliche 
Kommissäre angeordnet; etwa vorhandene sollten sogleich abgeschafft, die 
versperrten Geistlichen besorgt, dergleichen Orte zu Holzgewölben oder anderen 
notwendigen Behältnissen zugerichtet, die doppelten Türen und harten 
Verschließungen weggenommen und überhaupt alles auf die Seite geräumt werden, 
was derartige Orte zum ferneren Gebrauch für Gefängnisse geeignet machen 
könnte. Und um den Oberen keine Gelegenheit mehr zu lassen, daß sie aus 
bloßem Verfolgungsgeist ihre Mitbrüder unter dem Vorwand der Wahnwitzigkeit 
auf mehrere Jahre in den Klöstern einsperren, sollte ein jeder wahnwitzige 
Geistliche an die nächstgelegenen Barmherzigen Brüder abgegeben und dafür 
der Unterhaltsbeitrag gezahlt werden. 
Eine arge Last hatte die bayrische Kapuzinerprovinz an einem geisteskranken 
P. Longinus zu tragen. Er wurde im Kloster zu Schärding, dann zu München, endlich 
zu Braunau verwahrt gehalten. Seine Wahnvorstellung war, er entstamme einer 
regierenden Familie. Aus dem Braunauer Kloster gelang es ihm zweimal auszubrechen, 
wobei er sich das einemal so bedrohlich und gewalttätig gebärdete, daß (bayrisches) 
Militär zu Hilfe gerufen wurde. 
Als das Braunauer Kloster unter österreichische Herrschaft gekommen war, 
versäumten die Oberen nicht, der kaiserlichen Verordnung über Klosterkerker und 
Verwahrungszellen nachzuleben; und eilfertig kamen sie auch dem neuerlichen Erlaß (1783) 
nach. Der Provinzial ordnete sofort die Umgestaltung der Verwahrungszelle in ein 
anderes Behältnis und die Überbringung des P. Longinus zu den Barmherzigen Brüdern 
an, der Geisteskranke wurde inzwischen in eine andere Zelle gebracht (wo er allerdings 
durch Pfeifen und Singen die Nachtruhe seiner Mitbrüder störte), er wurde auch öfters 
zum gemeinsamen Tisch zugelassen. Doch kam über das Kapuzinerkloster eine kreisämtliche 
Untersuchung de praeterito. Die Anhaltung des P. Longinus wurde als eine harte, 
lieblose gebrandmarkt und, worauf es eben zum strafbaren Tatbestand ankam, als eine 
Einkerkerung in Rücksicht sowohl auf die peinliche Beschaffenheit des Verwahrungsortes 
als auch auf den Grund der 22jährigen Verschließung: dieser sei gewesen der Verdacht 
eines Fehltrittes! Der Kreishauptmann Stiebar fand den P. Longinus wohl wahn- 
*) Ein Schulgeld gab es bis dorthin in Kremsmünster nicht. Vielmehr wurden die 
Studenten und Studentlein (abgesehen von der reichen Unterstützung der armen) 
regelmäßig öfters im Jahr beschenkt: jeder erhielt für die Präsenz beim feierlichen Gottes- 
dienst am Sonntag 1 kr., zu Lichtmeß Kerzen, zu Ostern Eier etc. . . zum Stiftertag Brot 
und Fleisch, das „Gspendt". Am Vortag um 2 Uhr verteilte es der Präfekt, mit violetter 
Stola bekleidet, den Studenten vor allen andern. Dafür sollten sie auch sittsam sich 
verhalten, nicht am „Spendtag“ mit Schnee werfen oder gar wie andere mutwillige Buben 
auf den Köpfen der Leute herumgehen! (Siehe S. 37.)
	        
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