Volltext: Der josefinische Klostersturm im Land ob der Enns

124 


richtete, daß von den 9 Priestern im Minoritenkloster nur 6 zur Seelsorge 
geprüft seien. Diese wolle er zur Seelsorge begehren, wofern sie nur vom 
Ordinariat als tauglich hiezu anerkannt werden; die übrigen samt den Lai- 
brüdern sollten in andere Klöster verteilt werden, die ohnedies über Mangel 
an Leuten klagten. Die Regierung verlangte vom Ordinariat das Verzeichnis 
der Tauglichen, aber auch, daß es besonders bezüglich der sechs Minoriten sich 
äußere. Das Ordinariat erwiderte darauf, daß dem Propst Engl Auftrag 
gegeben worden sei, der Ordensgeistlichen sich höchstens im Notfall zu gebrauchen, 
weil solche ihren Institutionen gemäß nur zur Aushilfe in der Seelsorge 
gewidmet seien; auch könne den Pfarrern, da ja diesen bei den Exposituren 
das Vorsendungsrecht zustehe, nicht jeder Ordensgeistliche aufgezwungen werden. 
Die Regierung sah daraus die Absicht hervorleuchten die Pfarreinrichtung 
rückgängig zu machen und berichtete in diesem Sinn an Hof (13. Dezember 
1782): Das passauische Ordinariat wird hauptsächlich von den obderennsischen 
Dechanten dirigiert, diese haben die einträglichsten Pfarren inne und fürchten 
durch die Pfarreinrichtung Verminderung ihrer Einkünfte; darum suchen sie 
die Klostergeistlichen von der Seelsorge fernzuhalten. Durch die Ordensgeistlichen 
kommen österreichische Untertanen in die Seelsorge, während der Säkular- 
klerus meist bayrischer Abstammung ist. Die Pfarrer gebrauchen bei den 
mindesten Konkursen und bei jeder Feierlichkeit sogar die Kapuziner, die doch 
gewiß den Stolz nicht besitzen, die Stelle der gelehrtesten Ordensgeistlichen 
einnehmen zu wollen, zum Predigen, Beichthören, Administrieren der heiligen 
Sakramente, ausgenommen Taufe, letzte Ölung und Begraben (!), wozu ohnehin 
keine besondere Wissenschaft erfordert wird. Die Kapuziner gebraucht man fast 
wie Taglöhner; so oft ein Pfarrer oder Expositus sich von der Station entfernt, 
läßt er durch einen Kapuziner alle actus parochiales ausüben. Das 
könnten die Ordinarien aber nicht zugegeben haben, wenn es den Ordensleuten 
an notwendiger Wissenschaft gefehlt hätte. Ja während die weltpriesterlichen 
Kapläne in ihrer Jurisdiktion immer die Klausel haben „quamdiu ibidem 
cooperator fueris“, bekommen die Ordensgeistlichen die Jurisdiktion pro tota 
dioecesi. In den Klöstern finden sich die stattlichsten, redlichsten, tauglichsten 
Männer, von denen viele den Augenblick herbeisehnen, da sie zur Seelsorge 
verwendet werden. Die Pfarrer werden auch gewiß keine Schwierigkeit machen. 
Die Regierung stellt den Antrag auf Aufhebung des Minoritenklosters 
in Enns, zumal sie keine eigene Kirche hätten. Auch seien sie ganz auf den 
Bettel angewiesen (?). Vielleicht werde der Bischof von Passau jetzt die sechs 
Minoriten als untauglich zur Seelsorge erklären; dann solle man dem Ordinariat 
es ahnden, daß untaugliche Klostergeistliche zur steten Seelsorge 
verwendet worden seien (nämlich an der Ennser Pfarrkirche) und auftragen, sie 
auf bischöfliche Unkosten am Linzer Lyceo besser unterrichten zu lassen. Würden 
sie aber für tauglich erklärt, dann könnte man aus den reichlichen Stiftmessen 
der Minoriten zu Enns den zu exponierenden einen Beitrag leisten, die übrigen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.