Anlage und Leitung der Schlacht.
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Aber trotz des späteren großen Machtaufgebotes hier und
trotzdem in Überschätzung des Gegners diese Episode an der
Ostfront den Generaladjutanten Kuropatkin zum Aufgeben
des Raumes von Liaojan bewogen hat, muß der geringe
materielle Effekt dieses japanischen Manövers hervorgehoben
werden. Die russische Armee war durchaus nicht geschlagen,
als sie von Liaojan abzog. Nur ihr Feldherr hatte die Lage
am 2-/3. September nachts dahin beurteilt, daß ein weiterer
Kampf aussichtslos sei. Es war dies seinerseits gewiß ein
Irrtum. Die beiden Divisionen der 1. japanischen Armee
standen angesichts der am 2. September gegen sie entfalteten
fast vierfachen Übermacht vor einer schweren Krisis.
Die Schlußentscheidung von Liaojan illustriert
deutlich, daß in der modernen Schlacht der Erfolg nicht von der
wahrnehmbaren elementaren Niederlage eines großenTeiles der
Kampffront einer Partei abhängt, sondern von der Auffassung
der Gesamtlage durch den Feldherrn, welcher aus der Summe
der Ereignisse auf den einzelnen Gefechtsfeldern der Gruppen
seine Schlüsse über die Aussichten für die Weiterführung
der Kämpfe zieht. Liaojan zeigt, daß diese Schlüsse leicht
auch auf irrigen Voraussetzungen aufgebaut und Trugschlüsse
sein können.
Nachdem in der Operation am Schaho (Oktober 1904)
die beabsichtigte und zum Teil auch erreichte (Ljubawin
steht bereits südlich des Taitsiho) russische Überflügelung der
japanischen Front zu keinem positiven Resultat geführt hatte
und diese Kämpfe in ein frontales Ringen übergegangen
waren — dann, nachdem die versuchte russische Überflüge¬
lung bei Sandepu (Jänner 1905) kläglich geendet hatte, ver¬
suchten die Japaner Ende Februar 1905 den Angriff auf die
russischen Stellungen (am Schaho) mit starken Flügel¬
gruppen, welche die gegnerische Front weit überragten.
Es war den Russen gelungen, die befestigten Stellungen
am Schaho im allgemeinen derart anzulegen, daß ihre Front
die der Japaner überragte (siehe Beilage 3 und die Skizzen zur
»Schlacht bei Mukden«, Beiheft zum »Militär-Wochenblatt«), und
zwar im Osten in der Strecke Bjanjupusa — Kautulin-Paß,
im Westen bei Syfantaj. Dem Terrain gut angeschmiegt, war
diese Front wohl vielfach geschwungen, bot aber einem
gegnerischen Angriff nirgends ausgesprochene Vorteile (vor¬
springende Teile). Beide Flügel waren durch an sie an¬
schließende Kavalleriekörper gesichert; im Osten auch die