Volltext: Aus Österreichs Höhe und Niedergang

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kammer geholte Requisiten, blieben die Grundlage für Friedrichs 
taktische Entschlüsse und Anordnungen. Über operative Feitung 
moderner Heere hatte er gewiß vieles gelesen, vielleicht aber 
nicht allzuviel zu seinem geistigen Eigentum gemacht. Ein Tak 
tiker älteren Stiles im Rahmen kleiner Armee-Einheiten. Da lag die 
Grenze seines militärischen Könnens, beileibe aber nicht seines mili 
tärischen Ehrgeizes. Ich entsinne mich z. B. eines Diners, wo Erz 
herzog Friedrich — entre poire et fromage — mit dem Brustton der 
Überzeugung dem allen Mitgliedern der Dynastie eigen gewesenen 
Selbstgefühl ihrer providentiellen Bestimmung dahin Ausdruck gab, 
daß ,,in schwierigsten Momenten des Staates doch immer nur die 
Erzherzoge als Retter aufgetreten seien“. 
Störend wirkte der Mangel des persönlichen freien Gedankenaus 
druckes. Hierdurch zogen seine Darlegungen auch dann nicht, wenn 
er eine Idee richtig erfaßt oder — nach vorhergegangener Bespre 
chung — akzeptiert hatte. Seine Kritik überzeugte daher in den 
seltensten Fällen und wurde meist auf persönliche Momente zurück 
geführt. 
Immerhin muß man dem Erzherzog die Anerkennung eines Spezial 
talentes zollen, das aber weder auf militärischem noch auf staats- 
männischem, sondern auf kaufmännischem und wirtschaftlichem 
Gebiete lag. Durch eine geschickte Administration gestützt, war er 
stets bestrebt, in schrankenloser Konkurrenz seinen enormen Reich 
tum an Geld, Fand und Industrie zu vermehren. Erzherzog Fried 
richsehe Molkereien, auf blendend weißen Schildern annonciert, 
prangten an allen Straßenecken Wiens. Schnapsbrennereien, Kelle 
reien und viele andere Unternehmungen hatten ihn zum obersten 
Chef. Es ist wahrhaft bedauerlich, daß der Staat sich in der Wahl 
des Talentes vergriff und statt des wirtschaftlichen das militärische 
Talent in den Dienst der Öffentlichkeit stellte. 
Gelegentlich einer Übung machte ich mit dem Erzherzog eine 
Wagenfahrt. In jener Zeit fand gerade die Vermählung des Thron 
folgers mit der Gräfin Sofie Chotek statt. Erzherzog Friedrich konnte 
über die Braut nicht genug Ungünstiges erzählen und meinte, daß 
der Kaiser über diese Wahl außer Rand und Band sei und schwere 
politische Komplikationen besorge. Beim Erzherzog sprachen da 
jedenfalls enttäuschte Hoffnungen mit. Unerfüllte Wünsche, unter 
denen seine harte, unnachsichtige Gemahlin noch tiefer litt. 
Ich gewann die Gunst der Erzherzogin niemals, vielleicht aus dem 
Grunde, daß ich die des Thronfolgers besaß. 
Erzherzogin Isabella war ihrem Gemahl geistig überlegen, gängelte 
ihn durch ihre Willenskraft und beeinflußte sein Urteil — selten in
	        
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