Volltext: Aus Österreichs Höhe und Niedergang

der Feldmarschalle Böhm-Ermolli und Woyrsch. Aus all dem war es 
für den Gegner kein Kunststück zu erkennen, daß es jetzt ernsthaft 
losgehen werde, und es war für ihn auch gar nicht so schwer zu er 
raten, welche Richtung die für ihn gefährlichste sei und wohin seine 
Hauptreserve parat zu stellen war. Mag sein, daß ihm dann noch 
Einzelheiten von Verrätern überbracht wurden, doch mit dem, was 
er im normalen Aufklärungs- und Erkundungswege erlangen konnte, 
wußte er übergenug, um danach seine Gegenmaßnahmen zu treffen. 
Überrascht wurde er vielleicht durch unsere seltsame taktisch-stra 
tegische Maßnahme, daß keinerlei Diversion stattfand, sondern, daß 
entgegen allen Grundsätzen an der ganzen Front gleichmäßig und 
gleichzeitig zum Angriff angesetzt wurde. Die dann ein tretende Piave 
überschwemmung war zweifelsohne ein sehr ungünstiger Zwischenfall, 
der die Verluste erhöhte, doch entscheidend war er nicht. Ob und 
welche Detailfehler noch stattfanden, vermag ich nicht anzugeben. 
Daß aber sehr bald Munitionsmangel eintrat und qualitätswidrige 
Munition, namentlich untauglich gewordene Gasbomben, zur Verwen 
dung gelangten, wurde mir von vertrauenswürdigen Mitkämpfern 
wiederholt mitgeteilt. Zur Verantwortung gezogen wurde niemand! 
Ein Teil der Kampfesaktion gelang aber trotzdem, und 50 000 Mann 
des Gegners gerieten in österreichische Gefangenschaft. Ein packen 
der Beweis der hohen Wertigkeit unserer Truppen, die ja überhaupt 
während des ganzen Verlaufes des ungeheueren Weltdramas eine 
alles überragende, jeglicher Eogik spottende Eeistungsfähigkeit und 
Opferwilligkeit bewiesen hatten. 
Die schweren militärischen und politischen Folgen des Fehlschlages 
an der Piave, die ungeheueren eigenen Verluste, die da fruchtlos ver 
ursacht wurden, sollen hier nicht besprochen werden. Ich will nur 
des merkwürdigen Umstandes gedenken, daß die Erregung im Hinter 
lande eigentlich keine übermäßig große war. Jedenfalls rief die gleich 
zeitig amtlich verlautbarte Reduktion der Brotration bedeutend mehr 
Unwillen hervor. — Vaterländisch, österreichisch! — 
Nun kehre ich noch einmal zu meinen persönlichen Erlebnissen zu 
rück. Was ich darlegen will, bezieht sich zwar auf keine Staatsaffäre, 
betrifft dem Wesen nach nur mich, wenngleich auf das bitterste. 
Immerhin war das, was mir geschah, für unsere Regierungsart so 
charakteristisch, daß es völlig einem Kabinettstück gleichzustellen ist. 
Es handelte sich darum, mir den Maria-Theresien-Orden nicht zu 
kommen zu lassen. Da ich mir aber diese Auszeichnung^ ganz un 
zweifelhaft verdient hatte, so wurde als Problem, als eine Art Preis 
aufgabe hingestellt, eine geeignete Formel zu ersinnen, die man als 
Handhabe zur Abweisung benützen konnte.
	        
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