Volltext: Aus Österreichs Höhe und Niedergang

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reich-Ungarns, neue Formationen zu schaffen, waren nicht minder 
gewaltige auf Seite der Franzosen und vor allem der Engländer 1 ) 
entgegengestellt. 
Daß Italien über kurz oder lang an die Seite der Entente treten 
würde, war nicht mehr zu verkennen, da es ja selbst auf die opfer 
vollsten Konzessionen der Monarchie nicht mehr eingehen wollte. 
Und auch Rumäniens Haltung wurde nach dem Tod des alten 
Königs Karol von Tag zu Tag unsicherer. 
Zu jener Zeit hätten demnach unsere Gegner einen für sie höchst 
vorteilhaften Frieden erreichen können, wenn es ihnen nicht schon 
damals im Sinne der Eondoner Stipulationen vom 26. April 1915 
um einen vollständigen Niederbruch der Mittelmächte, speziell Öster 
reich-Ungarns, zu tun gewesen wäre. Dabei hätte dieser Frieden 
doch noch bis zu gewissem Grad den Charakter eines Verständigungs 
friedens bewahren können, wenn er auch für Österreich-Ungarn mit 
den größten Opfern verbunden gewesen wäre. Die Ententemächte 
hätten aber das nächste und wohl höchst bedeutsame Kriegsziel er 
reicht, wobei Millionen von Menschen, ungezählte Güter, namenloses 
Elend erspart geblieben wären. Doch die Ententeziele gingen eben 
schon damals unendlich höher, und letzten Endes langten sie auch 
dort an, wo sie halten wollten. Doch unter welchen Opfern für die 
Menschheit, deren Solidarität just die Entente auf ihr Panier ge 
schrieben hatte! Und welch ungeheuere Schaukelbewegungen mußten 
auch sie mitmachen, wie nahe war oft auch ihr Niederbruch, und in 
welchem Zustande befand und befindet sich die Welt nach dem Welt 
kriege !! 
Die imperialistischen Ziele und Bestrebungen unserer Gegner führ 
ten die Ententemächte zunächst zum Gallipoliabenteuer, das trotz 
riesiger Opfer mit einem Fiasko endete. Dadurch wurden auch russi- 
scherseits bedeutende Kräfte abgezogen, die in den Karpathenkämpfen 
in Aktion gebracht, vielleicht doch das Zünglein an der Wage zu ihren 
Gunsten heruntergedrückt hätten. Dies erkannte die russische Heeres 
leitung sehr wohl, vermochte jedoch diese Erkenntnis nur durch wie 
derholte, mit rücksichtslosem Fanatismus stets von neuem angesetzte 
Angriffe in die Tat umzusetzen. Sie drang eben nicht bis in die äußerste 
Konsequenz durch, da sonst der letzte Mann hätte darangesetzt werden 
müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Die in den Kaukasus entsendeten 
und die zu offensiven und defensiven Zwecken am Schwarzen Meer 
x ) Aus jenen Tagen datiert der bedeutsame Ausspruch Eord Kitcheners: 
„Wann der Krieg enden wird, weiß ich nicht; ich weiß nur, wann er beginnen 
wird: im Mai 1915!“ Kitchener war überhaupt — trotz Joffre, Foch und 
Brussilow — vielleicht die beachtenswerteste Führerfigur auf Seite der Entente.
	        
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