Volltext: Aus Österreichs Höhe und Niedergang

-Kämpfe mögen da mitgewirkt haben. In ehrlichster, mühevoller Ar 
beit brachte er es zum Landesgerichtspräsidenten, doch hätten ihn 
seine Talente noch zu weit Höherem befähigt. Ich sah in ihm vor 
allem die väterliche Autorität, der es an Strenge nie fehlte, und der 
Pflichterfüllung und Ehrgeiz als wesentliche Richtpunkte galten. 
Vom ersten Augenblicke des erwachenden Verständnisses an er- . 
füllte das Interesse für alles Militärische mein ganzes Wesen. Dies 
verließ mich niemals, so daß bei mir die Berufswahl gar nie eine Rolle 
gespielt hatte. Daß ich Soldat werden müsse, stand von Anfang an 
stets klar vor mir. Bei meiner schwächlichen Konstitution, bei dem 
zivilen Milieu, in dem ich lebte, sowie bei der Auffassung meines 
autokratischen, Vaters, der mich zum Juristen erziehen wollte, 
war dies eigentlich verwunderlich. Es war eben eine heilige 
Vokation! 
In meinem fünften Lebensjahr kam meine Stiefmutter ins Haus. 
Nie widmete sich eine echte Mutter ihren Kindern mehr als sie. 
Die Schule besuchte ich, als ich kaum das fünfte Lebensjahr voll 
endet hatte. Es war eine Privatschule, in der nicht allzu viel Strenge 
waltete. Wir mußten später auch so manches nachholen. Ich lernte 
im allgemeinen leicht und besaß eine rasche Auffassung, doch war 
ich häufig zerstreut, und mit dem Fleiß haperte es auch. Ein ge 
wisser Hang zur Leichtlebigkeit war mir von Anfang an eigen. Selbst 
die Strenge des Vaters vermochte daran nicht viel zu ändern. Dies 
machte sich auch später im Leben geltend, allerdings meist in vor 
teilhafter Weise, sowohl in eigener als in allgemeiner Sache. 
Troppau war damals die richtige deutsche Provinzstadt. Alles sehr 
ordentlich, sehr einfach, wohl auch etwas rückständig. 
So war auch der Zuschnitt des Lebens. Wir waren immerhin eine 
bessersituierte Familie — und doch: wie unendlich einfach war die Le 
bensführung. Zum Frühstück gab’s für uns Kinder nur Milch und 
Brot, desgleichen zur Jause. Mittags wohl die drei legendären Speisen, 
dafür äußerst selten ein warmes Abendbrot. An Sonn- und Feier 
tagen zu Mittag einen Braten, den der Hausvater am Tisch selbst 
mit Feierlichkeit zerteilte. Mein Vater war darin ein Künstler! Ab 
und zu wurde dabei ein Sprüchlein gesagt. Wein kam nur an be 
sonderen Festtagen auf den Tisch 1 ). Und so saßen wir um den sau 
beren, einfach gedeckten Tisch, dessen Beleuchtung bis Anfang der 
6oer Jahre eine Talgkerze besorgte, neben der die historische Schneuz 
schere lag, für deren ungeschickte Handhabung ich wiederholt einen i) 
i) Freilich, nach den derzeitigen Verhältnissen (Winter 1919/20) beurteilt, 
erscheint auch jene Lebensführung lukullisch; doch: andere Zeiten, andere 
Sitten!
	        
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