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winnen die Kinder das nötige Zutrauen, daß seine Zucht besonders
in sittlicher Hinsicht fruchtbringend wird.
Der Unterricht leidet selbst bei noch so genau festgesetzter
Methode immer Abbruch, wenn der Lehrer gewechselt wird, weil
bei selbst gleich guten Lehrern und gleichmäßiger Methode doch
nach der Natur des Menschen Verschiedenheit in der Lehrart herrscht,
und die Kinder sich an die neue Lehre erst gewöhnen müssen, wo¬
durch viele kostbare Zeit verloren geht. Besonders grell tritt dieser
Umstand bei dem Schönschreiben hervor, wo die Kinder sich in jeder
Klasse andere Züge angewöhnen müssen, selbst wenn nach denselben
gestochenen Vorschriften geschrieben würde. Am übelsten aber wirkt
dieser Umstand bei der so leicht erreglichen Eifersucht der Lehrer,
die sie verleitet, zu glauben, der Vorhergehende oder Nachfolgende
könne es nicht so gut als er. Diese Eifersucht erklärt sich leicht
aus der edlen menschlichen Eigenschaft, ein Werk ganz tun zu
wollen. Es ist dem einen schmerzlich, ein angefangenes Werk einem
andern übergeben zu müssen, und dem anderen, ein Werk zu über¬
nehmen, dessen Anfang von jemand anderem herrührt.
Dem Gefertigten kam aus diesem Grunde und dann als Aus¬
rede gegen einen etwaigen Tadel ohne Ausnahme jedesmal der
Spruch entgegen: „Die Kinder kommen mit zu geringen Vorkennt¬
nissen in die Klasse, ich muß immer von vorn anfangen." Dies
wird sogar (und dann am meisten) von schwachen Lehrern gesagt,
denen ein ausgezeichneter voranging.
Die Einübung eines Lehrers in das gesamte Lehramt ist nicht
möglich, wenn der Lehrer immer in derselben Klasse bleibt, ja in
dieser Klasse selber kann er die rechten Erfahrungen nicht machen,
da er den praktischen Blick über das, was künftig notwendig ist,
verliert und die Lehre in seiner Klasse mechanisch abhandelt, wie ein
Arbeiter an einer Maschine, der das Gesamtresultat der Maschine
nicht kennt. Und doch sollen Hilfslehrer an Hauptschulen sehr
häufig auf Pfarrschulen als Oberlehrer versetzt werden, wo sie die
ganze Schule zu leiten haben.
Die Freude und Liebe zu dem Lehrfache wird durch
das Aufsteigen geweckt, weil der Turnus, den der Lehrer macht,
ganz sein Werk ist, und die Ehre über guten Erfolg sowohl
bei den Behörden als auch bei der Bevölkerung ganz sein
Eigentum ist.