Volltext: St. Pölten (III / 1928)

Die urgeschichtlichen Funde aus dem Stadtbereiche von St. Pölten. 
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suchten Platzes gestanden haben, da sich in einem großen Vorratsloch an der Westseite des 
durchgrabenen Areals eine große Menge solchen Hüttenlehms, vermengt mit Holzkohle vor 
fand, ein Material, das wohl von einer niedergebrannten Hütte herrührt. ^ 
Nach der großen Siedlungsfläche zu schließen, hat die Besiedlung gewiß etliche 
Jahre gewährt. Sonst hat der St. Pöltener Boden aus dieser Zeit bisher 
nur zwei Steinhämmer geliefert, die aber, da sie im Traisenbett gefunden 
wurden, wohl von weiter oben stammen werden. 
Aus der folgenden Periode, der Bronzezeit (2000—1000 v. Chr.) 
ist bisher nur ein Fund bekannt geworden. Es handelt sich wahrscheinlich um 
ein Brandgrab, von dessen Inhalt leider nur ein Bronzemesser gerettet werden 
konnte. Das mit 30om Länge zu den größten Exemplaren seiner Form ge 
hörige Stück kam gelegentlich einer Erdaushebung im Hause des Herrn 
Anton Schilling, Kremser Landstraße Nr. 21, in 0-5 — 0'6m Tiefe zum 
Vorschein. Der Fund gehört in die jüngste Bronzezeit, beziehungsweise den 
Beginn der Hallstattzeit, ist also um rund 1000 v. Chr. anzusetzen*). 
In den letztgenannten Kulturabschnitt, auch „erste Eisenzeit" genannt, 
fällt die zweite vorgeschichtliche Besiedlung der Galgenleithen. Leider haben 
sich die vorjährigen systematischen Grabungen nicht mehr auf das Terrain 
erstreckt, wo sich diese späteren Sachen gefunden haben, so daß bisher fast 
nur das während des Krieges gehobene Material zur Beurteilung vorliegt. 
Es ist von größtem Interesse, denn es zeigt eine sehr merkwürdige Zusammen 
setzung, die sich aus dem Zusammentreffen verschiedener Kulturströmnngen 
ergibt. Wir finden hier Gefäße mit gebuckelter Schulter, wie sie dem süd 
lichen Ostalpengebiet eigen sind, mit Stempel eingedrückte Rosetten, die nach 
Westen weisen und endlich eingeritzte stilisierte Menschenfiguren, wie sie hie 
und da in der jüngsten nordischen Bronzezeit vorkommen, deren Vorbild 
wohl weit im Südosten Vorderasiens zu suchen sein dürfte. Diese zweite 
Besiedlung der Galgenleithen werden wir um die Mitte des letzten vor 
christlichen Jahrtausends, eher etwas vorher, anzusetzen haben. 
Die Zeit der Kelten in unseren Landen, die La Tene-Periode 
(400 bis um Christi Geburt) ist bislang auf dem Boden der Stadt noch 
nicht vertreten. So sind die den hallstättischen Funden zeitlich nächstfolgenden 
vorderhand die römischen. 
Es ist kein Zufall, daß in dieser Zeit hier, gleichwie auf dem Boden 
zahlreicher anderer noch heute verkehrswichtiger Orte Siedlungen mit Garni 
sonen erstehen, denn erst mit der Römerzeit beginnen jene Momente ausschlag 
gebend zu werden, die seither und in Zukunft Bedeutung und Blühen der 
Städte bedingen: die Lage an großen überstaatlichen Verkehrsstraßen; im 
Gegensatze dazu waren für den staatlich nicht organisierten Urmenschen aus 
schließlich die lokalen Vorzüge einer Stelle — Fruchtbarkeit, Wassernähe, in gewissen un 
ruhigen Zeiten Schutzmöglichkeit — für die Wahl der Besiedlung ausschlaggebend. 
*) I. Bayer. Ein Grab aus der Wende der Bronze- und Hallstattzeit in St. Pölten. Mitt. d. Anthrop. 
Ges. Wien, LII. Bd., 1922, S. [20]. 
Bronzeinesser 
aus der Zeit um 
1000 v. Chr., ge 
sunden Kreinser 
Landstraße 21.
	        
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